Anshu Jain und Jürgen Fitschen Das Yin und Yang der Deutschen Bank tritt ab

Die Erwartungen waren hoch, als Anshu Jain und Jürgen Fitschen 2012 den Vorstand der Deutschen Bank übernahmen. Der Ballast den sie mitbrachten jedoch weitaus größer. Nun tritt das ungleiche Paar ab.

Die Ära von Jürgen Fitschen und Anshu Jain bei der Deutschen Bank geht zu Ende. Zwar bleibt Jain noch einige Monate Berater des Unternehmens und Fitschen bis Mai kommenden Jahres sogar Vorstandsvorsitzender. Doch schon in gut drei Wochen übernimmt neben ihm der neue Ko-Chef John Cryan, der ab Mitte Mai 2016 dann allein am Steuer sitzt. Einst angetreten, um die Bank wieder auf Vordermann zu bringen und einen Kulturwandel einzuläuten, hinterlassen Fitschen und Jain ihrem Nachfolger reichlich Arbeit.

Bei den beiden Topmanagern, die 2012 auf den langjährigen und ebenso profilierten wie umstrittenen Josef Ackermann folgten, prallen Welten aufeinander: Risikofreude und Bodenständigkeit, Internationalität und deutsche Verwurzelung. Die schillerndere Figur in dem Duo war stets Jain. Der 52-Jährige startete einst als kleiner Börsenmakler und ging Mitte der 90er Jahre zur Deutschen Bank. Der Juni 2015 markiert das 20. Dienstjubiläum, wie Jain am Sonntag zu seinem angekündigten Rückzug mitteilte.

Seinem Talent für Analysen und den richtigen Zusammenbau von Finanzprodukten zollten Kenner stets Respekt. Ab 2004 war der studierte Ökonom Ko-Chef, ab 2010 dann alleiniger Spitzenmann des Investment-Geschäfts und damit "Goldesel" des größten deutschen Kreditinstituts und dessen heimlicher Star. Das Investment-Geschäft trug wesentlich dazu bei, dass die Deutsche Bank zwischen 2003 und 2007 ihre Gewinne enorm steigerte.

Doch nach einem zunächst nur vorübergehenden Dämpfer durch die Finanzkrise 2008 begann Jains Sektor ab 2011 zu schwächeln. Gezeichnet von Staatsschuldenkrise und unsicheren Investoren schrumpften die Gewinne des Investment-Bankings merklich, die Kritik an Jain wuchs.

Yin und Yang der Deutschen Bank

2012 übernahm er zwar gemeinsam mit Fitschen den Vorstandvorsitz, doch die Vergangenheit wurde er nicht los. Die diversen Skandale der Investment-Sparte führten immer wieder zu hohen Strafzahlungen der Bank. Dass ausgerechnet Jain den Kulturwandel bei der Bank vorantreiben würde, nahmen ihm vor allem kleinere Aktionäre nicht ab - zur eng war in ihren Augen seine Verbindung zu den außer Rand und Band geratenen "Goldjungs" in London.

Das Kontrastprogramm zu diesem Image bot Jains Ko-Chef Fitschen. Der 66-Jährige aus der Samtgemeinde Harsefeld in Niedersachsen ließ es von Beginn seiner beruflichen Karriere an bodenständiger angehen. Er machte nicht in Aktien, er machte eine Ausbildung, wurde Groß- und Außenhandelskaufmann. Danach folgte das Wirtschaftsstudium.

1975 stieg Fitschen ins Bankgeschäft ein, zwölf Jahre später bei der Deutschen Bank. Dort wurde er schon 2004 so etwas wie Jains Gegenpart, als er neben dem internationalen Regionenmanagement die Verantwortung für das Deutschlandgeschäft übernahm. Die Funktion des Deutschlandschefs schuf die Bank damals neu. Sie reagierte damit auf die Kritik, ihren Heimatmarkt zu vernachlässigen - Fitschen als Reaktion auf die Kritik am Überflieger Jain.

Glückloses Gespann

Die Unterschiede zwischen den beiden zeigten sich auch nach dem gemeinsamen Amtsantritt als Vorstandschefs. Jain kümmerte sich stärker um Investoren und Geschäftskunden, Fitschen befasste sich mit den Aufsichtsbehörden und dem Privatkundengeschäft.

Doch weder eine geschickte Aufgabenverteilung noch ihre unterschiedlichen Talente verhalfen den beiden Top-Managern am Ende zum Erfolg. Die vielen teuren Skandale belasteten sowohl Image als auch Ergebnis der Bank, die Geschäftszahlen fielen nicht zufriedenstellend aus, der Aktienkurs blieb schwach.

Immer wieder beteuerten Jain und Fitschen, es werde aufwärts gehen und die Bank den vielbeschworenen Kulturwandel schaffen. Doch die Aktionäre besänftigten sie damit nicht. Bei der Hauptversammlung Mitte Mai wurde vielfach Unzufriedenheit laut - inklusive eines Abstrafens beim Votum über die Vorstandsentlastung. Zweieinhalb Wochen später entschied nun am Sonntag der Aufsichtsrat: Es reicht.

AFP
Von Christina Neuhaus, AFP