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Konversionstherapien für Homosexuelle Umerziehung mit grausamen Folgen

Umstrittene Therapien: Konversionsprogramme haben zum Ziel, homosexuelle Menschen umzupolen - mit schwerwiegenden Folgen
Umstrittene Therapien: Konversionsprogramme haben zum Ziel, homosexuelle Menschen umzupolen - mit schwerwiegenden Folgen
© Colourbox
In den USA sollen "Heiltherapien" für homosexuelle Jugendliche verboten werden - aus gutem Grund. Die Psychologin Gisela Wolf erklärt, warum Menschen an den Folgen der Behandlung zerbrechen können.

Einige Therapeuten glauben, aus Schwulen und Lesben Heterosexuelle machen zu können. Diese sogenannten Konversionstherapien sind umstritten - kommen aber nach wie vor zum Einsatz, etwa in den Vereinigten Staaten. Selbst Minderjährige nehmen an den Therapiesitzungen teil, häufig auf Anraten der eigenen Eltern. Dagegen will US-Präsident Barack Obama vorgehen: Er setzt sich dafür ein, die Umerziehungstherapien zumindest für Jugendliche verbieten zu lassen. In zwei Bundesstaaten, Kalifornien und New Jersey, ist das bereits der Fall.

Auch eine Reihe deutscher Verbände, etwa die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), hatte in der Vergangenheit vor Verfahren gewarnt, die zum Ziel haben, Schwule und Lesben zu konvertieren.

Die Psychologin Gisela Wolf beschäftigt sich schon seit Jahren mit dieser Thematik - und weist ebenfalls auf die Gefahren hin, die "Umpolversuche" nach sich ziehen können.

Frau Wolf, sind Heiltherapien für Homosexuelle ein rein amerikanisches Phänomen?
Konversionsbehandlungen, also vermeintliche Therapien, die Schwule und Lesben "heilen" sollen, sind auch in Deutschland ein Problem. Allerdings gibt es nur sehr wenige Seelsorger und paramedizinische Heiler, die diese Programme offen anbieten. Meist handelt es sich dabei um Gruppen gut vernetzter Einzelpersonen, häufig aus dem evangelikalen christlichen Bereich. Leider gibt es zahlenmäßig ein noch viel größeres Problem.

Welches?
Häufig sind es Hausärzte und Therapeuten selbst, die Patienten eine homosexuelle Lebensweise ausreden wollen. Diese versteckten Versuche treten deutlich häufiger auf, sie finden nicht in der Öffentlichkeit statt - und werden auch nicht hinreichend dokumentiert. Aus Daten aus Großbritannien wissen wir, dass in der Regel ältere männliche Ärzte und Psychotherapeuten solche Versuche vornehmen. Deren Theorieausbildung liegt meist lange zurück, vielleicht haben sie sich nicht ausreichend fortgebildet - oder vertreten allgemein ein sehr negatives Bild von Homosexualität. Diese Ärzte agieren dann auf Basis ihrer Vorurteile und des veralteten und noch von der Pathologisierung von Homosexualität geprägten Wissens, das sie sich vor 30 Jahren angeeignet haben.

Wie laufen solche Gespräche ab?
Ärzte erzählen den Patienten, sie seien nicht lesbisch oder schwul, sollen es doch mal mit Männern oder Frauen versuchen. Oder sie stellen Suggestivfragen, etwa: Sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie eine homosexuelle Beziehung führen möchten? Das entmutigt den Patienten, stürzt ihn in einen inneren Konflikt - und fördert, dass der Patient seine Sexualität versteckt. Auch diese Gespräche sind streng genommen Konversionsversuche.

Laufen Konversionsprogramme ähnlich ab?
Es gibt verhaltenstherapeutische Programme, die auf Lernprozessen beruhen. Diese Methoden sind mitunter sehr grausam: Die Klienten lernen etwa, schwulen Sex mit negativen Bildern zu assoziieren. Die vermeintlichen Heiler erklären, wie schwule Männer Frauen kennenlernen können und raten, Coming-outs zu verzögern. Letzten Endes verhindern sie damit eine natürliche Entwicklung der Sexualität - was insbesondere Jugendliche in Krisen stürzen kann.

Welche Folgen können Umpolungsversuche nach sich ziehen?
Klienten, die gelernt haben, Gefühle zu unterdrücken, stehen unter ständiger Spannung, sie können Essstörungen entwickeln, neigen zu Substanzmissbrauch, wollen sich im wahrsten Sinne des Wortes einfach nur "wegbeamen". Auch das Risiko für Depressionen und Suizidalität ist erhöht.

Lassen sich sexuelle Neigungen therapieren?
Aus einem Homosexuellen kann man keinen Heterosexuellen machen - umgekehrt geht das übrigens auch nicht. Es ist unethisch, so etwas überhaupt beeinflussen zu wollen. Allerdings lässt sich die Handlungsebene von Menschen beeinflussen - und zwar über Druck und Repressionen. So kommt es vor, dass schwule Männer Frauen heiraten, sich aber nur ihrer Neigung entsprechend verlieben können. Liebe lässt sich nicht verändern oder manipulieren - allein der Versuch kostet Lebensglück.

Ilona Kriesl

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