Interview "Rosenkrieg verhindern"

Der erfahrene Münchner Scheidungsanwalt Hermann Messmer über die Scheidungsquote, Eheverträge und sittenwidrige Sex-Absprachen.

Wie vermittele ich meinem Partner, dass ich mit ihm zum Standesamt und durchs Leben gehen will, aber nicht ohne einen Ehevertrag geschlossen zu haben?

An dieser emotionalen Hürde sind schon viele Ehen gescheitert, bevor sie überhaupt geschlossen wurden. Aber es gibt Gründe für Eheverträge. Etwa große Erbschaften oder ein Familienunternehmen, in das man einheiratet. Oft sind es ja die Eltern, die ihr Kind geradezu zu einem Ehevertrag zwingen, indem sie damit drohen, es zu enterben, wenn es sich weigert. Ein gutes Argument ist es, zu sagen, dass bei aller Liebe heute jede zweite Ehe scheitert und ein eindeutiger Vertrag einen Rosenkrieg verhindert.

Soll man aus Liebe denn so einfach unterschreiben?

Nein. Und die Hoffnung vieler Frauen, wenn sie mit dem Liebsten erst mal Tisch und Bett teilen, werde der auch den Vertrag zerreißen, bleibt meist ein frommer Wunsch. Jedenfalls erlebe ich das in meiner Praxis immer wieder.

Was steht in Eheverträgen eigentlich konkret drin?

Da gibt es vor allem drei Komplexe, die natürlich miteinander kombiniert werden können. Zunächst die Gütertrennung, bei der jeder Partner sein eigenes Vermögen verwaltet und nach einer Scheidung auch behält. Wobei allerdings jeder Mann und jede Frau das Recht hat, in groben Zügen zu wissen, was der andere verdient und besitzt. Dann gibt es den Verzicht auf den Versorgungsausgleich, also beispielsweise während der Ehe erworbene Rentenansprüche, die normalerweise aufgeteilt werden müssen - und den Verzicht auf Unterhalt nach einer Scheidung.

Und wenn es zum Bruch kommt, ist das alles unwiederbringlich verloren?

Wenn der Ehevertrag notariell geschlossen war, haben die Gerichte die getroffenen Vereinbarungen bisher in der Regel bestätigt. Aber das wird sich nun massiv ändern. Am 10. Dezember wird sich der Bundesgerichtshof mit dem Thema befassen und verkünden, dass Verträge, die keine "partnerschaftlichen Ehen" zulassen, nichtig sind. Das ist etwa der Fall, wenn einer der Partner sozusagen über den Tisch gezogen wurde oder der Vertrag "aus einer Situation der Unterlegenheit heraus geschlossen wurde".

Zum Beispiel?

Zum Beispiel, wenn eine schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sieht, sich entweder als Alleinerzieherin durchzuschlagen oder zu heiraten - dafür aber eine Ehevereinbarung in Kauf nehmen muss, die sie einseitig belastet. So ein Deal wäre in Zukunft nichtig.

In manchen Vereinbarungen versprechen speziell Prominente, ihren Partnern oder Partnerinnen zuvor genau festgelegte Summen für jedes gemeinsam verbrachte Jahr. Ist das rechtens?

Im Prinzip ja. Das akzeptieren die Gerichte.

Und wenn die Paare miteinander vereinbaren, wer wann das Geschirr spült, wann, wie und wie oft man miteinander Sex hat und dass jeder Seitensprung des Mannes mit einem Diamanten nicht unter zwei Karat zu büßen ist?

Das können die natürlich miteinander ausmachen und auch aufschreiben. Aber vor Gericht wäre das allenfalls ein Lacherfolg. Vor allem der Versuch, die sexuellen Beziehungen vertraglich zu regeln, ist sittenwidrig.

Empfehlen Sie, Eheverträge zu schließen?

Nicht unbedingt. Ich kenne eine Frau, die einen Studenten heiratete und auf Gütertrennung bestand, weil sie ein kleines Häuschen erben sollte. Ich traf sie nach 25 Jahren wieder, und sie erzählte mir, dass sie nun in Scheidung lebe. "Gut für dich", sagte ich ihr. Ihr Mann hatte aber inzwischen ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern. "Pech für m ich", sagte sie. "Ich hab die blöde Gütertrennung."

Interview: Rupp Doinet