Der amerikanische Erotik-Fotograf Tony Ward, 49, findet mit seinen Bildern große Beachtung. Gleich mit seinem ersten Bildband „Obsessions“ schaffte er Anfang der 90er Jahre den Durchbruch. Seither ist seine Arbeit vielfach ausgezeichnet worden, führende Magazine haben seine Aufnahmen abgedruckt und er ist in Ausstellungen rund um den Globus vertreten. Tony Ward ist ein Fotograf, der die Provokation liebt, die nähe zum erotischen Motiv nicht scheut und auch Allerintimstes großformatig ablichtet. Anlässlich der Veröffentlichung seines neuen Buches „Wasteland“ stellte er sich den Fragen von stern.de.
Mögen Sie ihren Job? Oh ja, ich mag meinen Job! Ich würde ihn gegen keinen anderen auf der Welt eintauschen. Er hat natürlich seine Tücken, weil er einem mental und physisch viel abverlangt. Gerade das häufige Herumreisen mit viel Gepäck kann sehr lästig sein. Auch die eigentliche Arbeit ist nicht nur angenehm, wie es viele Leute vielleicht denken mögen. Denn es ist ja nicht damit getan, dass man einfach nur die Kamera nimmt und mal eben ein paar Bilder macht. Aber ich bleibe dabei, es ist der großartigste Job auf der Welt!
Sie haben viele Jahre erfolgreich als Industriefotograf gearbeitet bevor Sie mit erotischer Fotografie angefangen haben. Wo lagen Ihre Gründe diesen Wechsel?
Ich hatte meinen Job gern gemacht, doch nach mehr als 15 Jahren war ich die Industriefotografie einfach leid. Daher habe ich, 1993 war es, mit der Arbeit im Erotikbereich begonnen. Besonders Frauen haben mich als Motiv schon immer fasziniert und eine gewisse Leidenschaft für erotische Fotografie war auch schon immer vorhanden. Ich habe dann ziemlich schnell fest gestellt, dass mich diese Arbeit einfach mehr ausgefüllt und ein guter Weg ist, meine Kreativität auszuleben.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Models aus?
Ich bekomme viele E-Mails, in denen sich Models aus aller Welt bei mir vorstellen. Meistens reicht mir ein Blick auf die beigefügten Bilder, um zu sehen, ob die Models die richtige Ausstrahlung und den richtigen Körper für meine Arbeit haben. Ebenfalls wichtig ist natürlich ein schönes, fotogenes Gesicht. Manche Frauen sind schön, aber nicht fotogen. Andere hingegen wirken auf den ersten Blick eher unscheinbar, können aber auf einem Bild von mir großartig aussehen. Es liegt in meiner Verantwortung als Künstler, eben das herauszufinden. Ich kann sehr gut anhand weniger Bilder einschätzen, was ein Model zu bieten hat. Manchmal passieren dabei natürlich dabei Fehler, aber das kommt eher selten vor.
Gehen Sie bereits mit festen Vorstellungen in ein Shooting, oder lebt Ihre Arbeit in erster Linie von Eingebungen?
Nein, einen vorgefertigten Plan gibt es nicht. Den kann es gar nicht geben. In den allermeisten Fällen kenne ich das Model nur von Fotos oder einem kurzen Gespräch im Vorfeld. Die wirkliche kreative Arbeit beginnt daher tatsächlich erst beim Shooting selbst. Ich muss mir sehr schnell überlegen, wie das Model wirken soll, in welchem Outfit sie sexy aussieht. Bei der Location verhält es sich ähnlich, die ist mir häufig völlig unbekannt. Aber nach fast 30 Jahren als professioneller Fotograf kann ich mich sehr schnell in die Räumlichkeiten einfinden. Ich prüfe, woher das Licht kommt, denke darüber nach, wo die Sonne zu welchem Zeitpunkt des Tages stehen wird. Und dann wird improvisiert. Wenn ich erst mal mit einem Skript anfange, droht die Gefahr, dass meine Bilder mit der Zeit immer gleich aussehen. Gerade die Unmittelbarkeit sehe ich als einen wesentlichen Schlüssel für den Erfolg meiner Arbeit. Ich denke es ist Teil meiner Begabung, dass ich einen guten Blick für das richtige Motiv habe.
Wie bauen Sie in so kurzer Zeit zu dem Model eine Beziehung auf, die für gute erotische Bilder nötig ist?
Die Grundlage für die Beziehung zu einem Model ist meine Professionalität. Es kontaktieren mich nur sehr wenige Models, die nicht schon vorher wissen, wie professionell ich arbeite. Niemals würde ich ein Shooting machen, bei dem ein Model nicht weiß, was sie erwartet. Da ich diesen Respekt von den Models habe, macht es meine Arbeit mit ihnen einfacher. Weiterhin versuche ich, einfach fröhlich und ein bisschen witzig zu sein, um ihr die Arbeit mit mir so angenehm wie möglich zu machen.
Professionalität und Charme - sind das die zwei Seiten des Tony Ward am Set?
Ja, so kann man das sagen. Selbst die schönsten und erfahrensten Models sind ein Stück weit unsicher, haben gewisse Hemmungen. Insbesondere dann, wenn ich sie fotografiere. Denn sie wissen ja auch, dass ich schon mit einigen der schönsten Frauen der Welt gearbeitet habe. Daher könnten einige denken, dass sie für mich einfach nur irgendein Model von vielen sind. Aber das stimmt nicht. Ich achte aber immer sehr auf ihre Persönlichkeit und versuche, ihnen immer das Gefühl zu geben, etwas ganz Besonderes zu sein. Bei all dem, was dann passiert, fühlen sie sich schöner, haben mehr Vertrauen und können sich einfach besser gehen lassen. Das wirkt sich positiv auf die Qualität der Aufnahmen aus.
Wie verhalten Sie sich, wenn sich die Arbeit schwierig gestaltet, etwa wenn ein Model nicht so mitarbeitet wie es sollte?
Wenn ich nicht den „Look“ oder die Körpersprache von dem Model bekomme, dann bringe ich sie halt in Position. Ich forme Sie dann wie eine Skulptur aus Ton, arbeite mit ihrem Körper und bitte sie dann höflichst, sich nicht zu bewegen. Ein absolutes Fiasko ist mir noch mit keinem Model passiert, wird mir auch nicht passieren. Es nützt ja überhaupt nichts, ärgerlich zu werden, denn das Model macht die Fehler ja nicht mit Absicht. Natürlich gibt es immer mal wieder Personen, die denken, dass sie modeln könnten, in Wirklichkeit aber völlig unbegabt sind. Ich jedenfalls habe noch nie ein Shooting gehabt, bei dem ich frustriert aufgegeben hätte, ohne meine Bilder bekommen zu haben. Ich bekomme immer meinen Schuss!
In welcher Atmosphäre fotografieren sie am liebsten?
Es ist schon sehr störend, wenn viele Leute am Set sind. Aber ich bin professionell genug, um damit umgehen zu können. Es war zwar schwierig, aber ich versuche mich allein auf mein Bild zu konzentrieren. Meistens arbeite ich, gerade wenn es sich um erotische Aufnahmen handelt, am liebsten allein mit dem Model. Nur sie und ich. Meine besten Arbeiten sind so entstanden. Aber wenn ein Model jemanden dabei haben möchte, häufig den Partner, dann ist es für mich kein Problem. Ich lege großen Wert darauf, ihr Umfeld zu berücksichtigen.
Können Sie die Philosophie Ihrer Arbeit in einigen wenigen Sätzen beschreiben?
Nun, das ist nicht einfach. Als ich mit der erotischen Fotografie begonnen habe, gab es in diesem Bereich niemanden, der das Sujet der Hardcore-Fotos so weit ausgeschöpft hat, wie ich es dann getan habe. Ich habe Hardcore fotografiert, ohne dass meine Aufnahmen billig pornografisch waren. Dass es sich dabei um Kunst handelt, die vielen Leuten gefällt, zeigen ja die vielen Veröffentlichungen und Ausstellungen. So sehe mich durchaus als eine Art Wegbereiter in der Hardcore-Erotikfotografie und darauf bin ich stolz.
Sie sind Amerikaner, arbeiten aber viel in Deutschland. Wo liegen hinsichtlich der Erotikfotografie Unterschiede zwischen beiden Ländern? Gibt es beispielsweise Bilder von Ihnen die für den amerikanischen Markt zu provokant sind?
Ich glaube nicht, dass es da allzu große Unterschiede gibt. Aber es ist richtig, ich arbeite oft in Deutschland, habe eine deutsche Managerin und eine deutsche Producerin. Was die Models angeht, gibt es bei deutschen Frauen sicherlich Stereotype: 1,80 groß, schwarzes Haar, blaue Augen. Erst kürzlich habe ich mit so einer deutschen Frau gearbeitet. Hinsichtlich der Bilder sehe ich aber keine speziellen nationalen Beschränkungen. Meine Bilder haben universellen Anspruch, sind weltweit bekannt und werden weltweit verkauft.
Welches sind ihre Ziele für die Zukunft?
Fashion, Fashion, Fashion! 2005 wird wohl einen erneute Wendung in meiner Arbeit bringen. Weniger im Erotikfotografie, dafür mehr im Mode-Bereich.