Wenn Politiker pos(t)en Foodporn, Fußball, Floskeln - wie sich die Wahlkämpfer auf Instagram inszenieren

Bundestagswahl 2017: Zahlen, Fakten, Kurioses - so werden Sie zum Wahlprofi
  • Schätzungsweise 92 Millionen Euro kostet die Durchführung der Bundestagswahl – sie ist damit die teuerste aller Zeiten
  • Insgesamt sind 61,5 Millionen Deutsche 2017 zur Wahl berechtigt
  • Dabei gilt es einiges zu beachten:
  • Wahlberechtigt ist jeder, der einen Deutschen Pass hat, älter als 18 Jahre ist und mehr als 3 Monate in Deutschland lebt
  • Selfies aus der Wahlkabine sind verboten. Wird man erwischt, darf man seinen Wahlzettel nicht abgeben
  • Doch wie wähle ich überhaupt?
  • Mit der Erststimme wird der Kandidat einer Partei gewählt, der aus dem jeweiligen Wahlkreis des Wählers kommt
  • Es gibt 299 Wahlkreise und somit 299 Direktkandidaten
  • Damit wird gewährleistet, dass jede Region er Bundesrepublik im Bundestag repräsentiert ist
  • Insgesamt besteht der Bundestag aus mindestens 598 Abgeordneten
  • Durch Überhangmandate kann die Sitzanzahl erhöht werden
  • Mit der Zweitstimme wird die Landesliste der jeweiligen Partei gewählt
  • Je größer der Stimmenanteil, desto mehr Kandidaten der eigenen Liste sind im Bundestag vertreten
  • Und wer kann gewählt werden?
  • 4828 Kandidaten stellen sich zur Wahl – darunter 1400 Frauen
  • Jüngster Kandidat ist der Schüler Floris Beer für "Die PARTEI" in Fürstenwalde. Einige Tage vor der Wahl wird er 18 Jahre
  • Die 89-jährige Schauspielerin Barbara Rütting von der V-Partei (für Veränderung in Bayern) ist die älteste Kandidatin
  • 42 Parteien treten zur Bundestagswahl an, darunter so skurrile wie die "HipHop-Partei", "Die Violetten", "Die Transhumane Partei Deutschlands" oder die "Magdeburger Gartenpartei"
  • Und wann wird das Votum der Wähler praktisch umgesetzt?
  • Spätestens am dreißigsten Tag nach der Wahl, also am 24.10.2017, muss der Bundestag zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammentreten
Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Parteipolitiker in den sozialen Medien wandeln: Sollen sie sich lässig geben? Staatstragend? Volksnah? Oder abenteuerlustig? Viele von ihnen versuchen von allem ein bisschen.

Früher war alles irgendwie überschaubarer. Wer sich als Politiker in der Öffentlichkeit präsentieren wollte, der musste die Rede vor den Genossen, den Besuch beim Ortsverein oder vielleicht noch den Talkshow-Auftritt unfallfrei über die Bühne bekommen. Und heute? Müssen sich die Wahlkämpfer mit den Trollen auf ihrer Facebook-Seite herumärgern oder auf Twitter den Mitteilungsdrang in geregelte Bahnen lenken.

Und wer die jungen Wähler erreichen will, sollte sich auch auf Instagram zu inszenieren wissen. 15 Millionen Nutzer hat das rasant wachsende Fotonetzwerk - da sind theoretisch eine Menge Stimmen zu holen, vor allem bei den Erstwählern. Also versuchen sich die Kandidaten parteiübergreifend an den üblichen Posen, Hashtags und Grüßen aus allen Lebenslagen.

NEON stellt die interessantesten Instagram-Kanäle dieses Wahlkampfes vor und analysiert, was passiert, wenn Politiker pos(t)en.

Angela Merkel auf Instagram: "Mehr als nur Daddeln"

Standesgemäß macht die Kanzlerin den Anfang. Ihre Instagram-Seite @bundeskanzlerin verspricht in der Beschreibung "Einblicke in die politische Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch das Objektiv der offiziellen Fotografen der Bundesregierung". Das hat vor allem zur Folge, dass vor allem ein Motiv dominiert: Merkel, Merkel, Merkel. Kaum ein Foto, auf dem "Angie" nicht in höchst prominenter Gesellschaft zu sehen ist: Steven Spielberg, Nelson Mandela, die Nationalmannschaft. Abwechslungsreich ist das nicht, aber eine Vermutung über den Alltag einer Kanzlerin bestätigt sich hier hundertfach: Merkel kommt rum. Sogar auf der Spielemesse "Gamescom". 

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Da darf sich der schärfste Konkurrent natürlich nicht lumpen lassen. Auch Martin Schulz schüttelt viele Hände auf @martinschulzspd, gibt sich aber nicht durchgehend so staatstragend. #Bücher, #Fußball und #Sozialdemokratie heißen die Hashtags in der Beschreibung, die den Ton für die Bilder durchaus vorgeben. Schulz ist sich auch mal für ein Selfie nicht zu schade, mit Telefon am Ohr oder dem Auge am Mikroskop gibt er gerne den Anpacker, und ein bisschen gekickt wird auch - für die Phrase "Die Kraft des Sports kann man nicht hoch genug schätzen!" müsste der Kanzlerkandidat in der Fußball-Talkshow "Doppelpass" allerdings drei Euro ins Phrasenschwein einzahlen. 

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Dass man aber nicht immer nur das eigene Gesicht in die Kamera halten muss, davon zeugt Christian Lindner (@cl2017). Zwar postet der FDP-Chef im Rahmen seines höchst professionellen Insta-Auftritts das eine oder andere Mal zu häufig eines seiner eigenen Wahlplakate, trotzdem scheint Lindner zu wissen: Essen geht immer. Beziehungsweise: "Muss auch mal sein!", so ein Eis. Mit Hashtags wie #foodie oder #foodporn hätte CL allerdings noch mehr User erreichen können. 

Auch Dr. Markus Söder hat schon mal sein Lieblingseis gepostet (Pistazie) - und überhaupt gehört der CSU-Mann zu den umtriebigsten Instagrammern der deutschen Politik. Beim Söder-Markus ist immer was los auf der Seite, und nicht selten geht es über den trockenen Alltag in bayrischen Ministerien weit hinaus - auch vor schrägen Schnappschüsse aus lange vergangenen Jugendtagen wird dabei nicht zurückgeschreckt. Zum Beispiel, wenn Söder sich an sein Idol Elvis Presley erinnert, Symbolfoto und "intensiver" Blick inklusive. 

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Keine Frage, ein bisschen privater Kram steht den sonst so seriösen Politikern gut zu Gesicht - und welches Forum bietet sich für einen Einblick in die Freizeit besser an als Instagram? Sagt sich Söder, sagt sich auch Katja Suding. Die Hamburger FDP-Fraktionschefin geht sogar noch einen Schritt weiter und postet ein Foto von sich und ihrem Lebensgefährten, dem früheren Tennisprofi Udo Riglewski, am Weißenhäuser Strand. Aber auch sonst bietet Suding jede Menge Schickimicki-Abwechslung auf ihrer Seite, grüßt mal vom Chio-Pferdesport-Turnier in Aachen, mal vom Golfplatz oder vom Coldplay-Konzert.

Auch mit Farben kann der User beeindruckt werden - und vielleicht auf diese Weise sogar auf dem Wahlzettel unterbewusst ins richtige Kästchen gelockt werden. Mit dem Foto, das Cem Özdemir vom CSD Berlin gepostet hat, bewirbt sich der Grüne jedenfalls als Meister der Instagram-Farbenlehre. Ganz so bunt geht es auf seiner Seite ansonsten nicht zu. Dafür aber durchaus humorvoll, wenn Özdemir ein Foto von sich neben den fiktiven kasachischen Reporter Borat stellt, versehen mit der Bildunterschrift: "Bei der Geburt getrennt." Ein politisch halbkorrekter Spaß, den sich nicht viele seiner Kollegen in den sozialen Medien trauen. 

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CSU-Digitalexpertin Dorothee Bär hat schon vor Jahren im Auftrag des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik das Twitter-Verhalten von Politikern untersucht. Ihr eigener Instagram-Account ist allerdings auch eine kleine Studie wert: Laut Eigenbeschreibung ist die #momof3 weit mehr als das: "Instalover, Mama, Politikerin, Gamerin, Jägerin, Fränkin, Bayerin, Teilzeit-Berlinerin", heißt es in der üppig ausfallenden Kurzbeschreibung. Davon zeugen auch die Fotos, wobei vor allem das Leben als Mutter hier ausführlich dokumentiert wird: Bär im Freizeitpark, Bär bei der Lektüre des "Lustigen Taschenbuchs", Bär mit Plastik-Krokodil beim #chillen im Pool. 

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Was bei Instagram immer (gut) geht: Sonnenaufgänge und -untergänge. Weiß auch Friederike Benda (Die Linke) und schraubt auf ihrem noch nicht allzu hoch frequentierten Account den romantischen Faktor in luftige Höhen:  

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Tim Renner, Kandidat der Berliner SPD, blickt bereits auf eine bewegte Biografie außerhalb der üblichen politischen Zirkel zurück: Er war Musikmanager und Radiomacher, später Kulturstaatssekretär. Der Mann weiß Bescheid über Inszenierung und Pop - und das sieht man ihm auf Instagram auch an: Der bunte Mix aus Reisefotografie, Privatkram (Silberhochzeit!) und Street-Art ist künstlerisch stets anspruchsvoll, was auch daran liegen könnte, dass auch schon mal ein routinierter Fotokünstler wie Olaf Heine für ihn knipst. Phase zwei des Wahlkampfes läutet Renner derweil mit deutlichem Querverweis auf seine Vergangenheit in der Musikbranche ein:

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tim