Geld Sylt schreckt Normalverdiener

Ohne großen Lottogewinn kann sich «Otto Normalverdiener» auf Sylt keine eigenen vier Wände leisten. Die Folge: Immer mehr Häuslebauer flüchten aufs Festland.

Ein Quadratmeter Bauland kostet je nach Lage zwischen 200 und 800 Euro. Zum Häuslebauen flüchten Sylter Familien mittlerweile auf das nahe nordfriesische Festland ins 15 Kilometer entfernte Klanxbüll. «Wir haben nun rund 200 Einwohner mehr», bilanziert Klanxbülls Bürgermeister Wolfgang Bauch die Bauaktivität seines Ortes seit 1998.

Für Familien kaum mehr tragbar

«Wir hätten auf Sylt die zehnfache Summe allein für ein Grundstück aufbringen müssen», erzählt Christine Schukat (37), die mit Ehemann Winfried (40) und drei Kindern von der Insel nach Klanxbüll ins neue Eigenheim gezogen ist. Beim Hausbau hätten sie zudem bis zu 30 Prozent im Vergleich zu Sylt gespart. Ähnliches gilt für die ehemaligen Westerländer Familien von Dirk Wolter und Torben Schulz (30), die jahrelang dort gelebt und gearbeitet haben. «Als unser zweites Kind kam, wollten wir uns ein Häuschen leisten, das aber hätten wir auf der Insel aus finanziellen Gründen nicht gekonnt», sagt Julia Schulz (34). Etliche der Familienväter und -mütter arbeiten nach wie vor auf Sylt.

Ausweichen auf's Festland

Bekannt ist das 1.000 Einwohner zählende Klanxbüll durch seinen Bahnhof, - für zugreisende Sylt-Besucher die letzte Station vor der Fahrt über den Hindenburgdamm. «Unser Bahnhof ist Dreh- und Angelpunkt, ohne ihn wäre Klanxbüll gar nicht existent», sagt der Bürgermeister.

Sylter ziehen nach Klanxbüll

Die Klanxbüller hatten vor vier Jahren 3,5 Hektar mit 34 voll erschlossenen Grundstücken zum Preis von 79 Mark (40 Euro) pro Quadratmeter angeboten, die alle verkauft sind. Außer Einheimischen sind gut zehn Sylter Familien in das Neubaugebiet gezogen. Auf dem Areal ist außer den Einfamilienhäusern ein Komplex mit rund 15 Mietwohnungen entstanden, in denen gleichfalls von Sylter Arbeitnehmer wohnen.

Weitere Flächen vor Bebauung

Seit Mitte 2002 bereiten die Klanxbüller weitere 1,8 Hektar Land mit 21 Grundstücken nur für Einfamilienhäuser vor. Sechs davon sind verkauft, «der Quadratmeter für 41 bis 45 Euro voll erschlossen», sagt Bauch. «Zu Gunsten von mehr Grün innerhalb der Wohngebiete» seien im Preis die Kosten für Ausgleichsflächen enthalten.

Zuwachs an Wohndörfern

Träger der Klanxbüller Erschließung und Vermarktung ist die Nord-direkt GmbH, eine Tochter des Energieversorgers Schleswag AG. Voraus gegangen sei vor zehn Jahren Klanxbülls Teilnahme am deutsch-dänischen Wettbewerb «Integriertes Entwicklungskonzept Wiedingharde/Tonderner Marsch», das vom Bundesbauminister gefördert wurde. Das Konzept mündete in die Ländliche Struktur- und Entwicklungsanalyse (LSE) des Landes Schleswig-Holstein. In der LSE wurde der Ort als so genanntes Wohndorf eingeordnet. «Sonst wäre uns dieser Zuwachs an Grundstücken nicht genehmigt worden», erläuterte Bauch.

Pendeln nach Sylt

An jedem Arbeitstag nutzen 3.000 Sylt-Pendler den Klanxbüller Bahnhof, nicht mitgerechnet die vielen Urlauber in der Hochsaison. Obwohl die Fahrt nach Sylt nur 20 Minuten dauert, kommen von Bahnkunden heftige Klagen: «Ständig unpünktlich, unflexibel bei der Bereitstellung von Ersatzzügen und unfreundliches Personal», heißt es. «Es kann doch nicht angehen, dass fahrplanmäßige Züge oft einfach nicht fahren», schimpft beispielsweise Christine Schukat.