In zahlreichen Fernsehserien, Zeitungen und Magazinen werden momentan Dauerdebatten darüber geführt, ob sich der Immobilienboom graduell seinem Ende nähert oder ob die Spekulationsblase mit schlimmen Folgen für die Amerikaner und die gesamte US-Wirtschaft platzen könnte. Zinsfreie Hypotheken oder solche mit variablen Zinsen hatten selbst finanziell schwache US-Bürger zum Hauskauf verleitet. Der Immobilien- und Bauboom war durch extrem niedrige US-Zinsen angeheizt worden, die US-Notenbankchef Alan Greenspan und seine Kollegen als Gegenmittel gegen die Wall-Street-Baisse, die geplatzte Technologie- Spekulationsblase und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Terroranschläge eingesetzt hatten. Die US-Leitzinsen, die im Sommer 2004 einen historischen Tiefstand von einem Prozent erreicht hatten, dürften jedoch nach ihrem seither steilen Anstieg von den Währungshütern bis Sommer oder Herbst 2006 weiter auf 4,5 bis fünf Prozent getrieben werden. Damit könnten Hypothekenkredite mit 30-jähriger Laufzeit die Schmerzgrenze von sieben Prozent erreichen.
Konsum auf Pump - durch niedrige Kreditzinsen
Zwei Drittel der US-Familien besitzen Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen. Es ist bei vielen Amerikanern mit einer Null-Sparrate der einzige wertvolle Besitz und die Vorsorge für das Alter. Die US-Bürger haben jedoch die rasant gestiegenen Immobilienpreise durch Refinanzierungen verwendet, um ihrer Kaufwut freien Lauf zu lassen. Sie haben 2004 nach Schätzungen von Greenspan 600 Milliarden Dollar aus ihrem Immobilienbesitz geholt. Das waren sieben Prozent der Einkommen nach Steuern. Das Geld ging für Autokäufe, Ferienreisen und sonstige Anschaffungen drauf. Die US-Wirtschaft lebt zu 70 Prozent von den Verbraucherausgaben. Sollten die Zusatzeinnahmen plötzlich ausbleiben, wäre es auch sehr schlecht um die Finanzen der Amerikaner, den Einzelhandel und die gesamte US-Wirtschaft bestellt.
Die US-Bürger sind mit zehn Billionen Dollar verschuldet, davon entfallen rund acht Billionen Dollar auf Hypothekenschulden. Steigende Verbraucherausgaben und die Wohnungsbau-Aktivitäten hatten in den vergangenen vier Jahren 90 Prozent des US-Wirtschaftswachstums gebracht. 40 Prozent aller neuen Arbeitsplätze stammten in dieser Zeit aus dem Bau- und Immobiliensektor.
Verkaufseinbrüche um 20 Prozent
Es gibt einige Warnzeichen, dass sich der Boom seinem Ende nähert. Im September gab es nach Berechnungen des US-Handelsministeriums bereits 493.000 noch nicht verkaufte neue Einfamilienhäuser. Im Nordosten der USA gab es Verkaufseinbrüche von 20 Prozent und im Westen von fast zwölf Prozent. Die Hauspreise fielen im Schnitt gegenüber dem Vormonat um 5,7 Prozent auf 215.700 Dollar. Der Dachverband der US-Immobilienhändler erwartet für 2006 eine "weiche Landung" des Immobilienmarktes, während andere Fachleute dies für eine optimistische Wunschvorstellung halten.