BlaBlaCar kauft Mitfahrgelegenheit.de Der Überlebenskampf der Mitfahrzentralen

Mitfahrgelegenheiten sind immer wieder ein besonderes Erlebnis
Mitfahrgelegenheiten sind immer wieder ein besonderes Erlebnis
© Colourbox.de
Die beiden größten Mitfahrportale Deutschlands schließen sich zusammen, um gegen die Fernbus-Konkurrenz zu bestehen. Aber wer braucht diese Reiseform eigentlich noch?

Jeder, der mal Mitfahrgelegenheiten genutzt hat, kann die eine oder andere Abenteuergeschichte erzählen: von Fahrern, die mehr aufs Handy starren als auf die Straße. Von Mitfahrern, die einfach nicht die Klappe halten, obwohl man so gerne seinen Rausch vom Vorabend ausschlafen würde. Vom Streit ums Radioprogramm und von nicht eingehaltenen Verabredungen. Die Mitfahrgelegenheit, das war früher die einzige Chance, günstig lange Strecken ohne eigenes Auto zurückzulegen.

Doch seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes Anfang 2013 ist das Reisen ohne Bahnticket unendlich einfacher geworden. Ein dichtes Fernbusnetz überzieht Deutschland. Und die Fusion der beiden größten Anbieter Flixbus und MeinFernbus Anfang des Jahres hat einen mächtigen Spieler auf dem Markt hervorgebracht.

BlaBlaCar will neue Dimensionen erreichen

Nun kommt die Antwort der Mitfahrportale: Um neben der mächtigen Fernbuskonkurrenz zu bestehen, haben sich die größten Portale für Mitfahrgelegenheiten in Deutschland zusammengeschlossen. Das französische Unternehmen BlaBlaCar kauft Carpooling, das die Portale Mitfahrgelegenheit.de und Mitfahrzentrale.de betreibt. Die Franzosen sind in 18 Ländern aktiv und waren nach eigenen Angaben schon bisher Marktführer in Deutschland. "Wir wollen als wichtigste Alternative zu Bus und Bahn wahrgenommen werden", sagte BlaBlaCar-Mitgründer Nicolas Brusson der Deutschen Presse-Agentur.

Brusson glaubt, dass die private Mitfahrgelegenheit neben Bus und Bahn nicht nur bestehen kann, sondern sogar enormes Potenzial besitzt. "Wenn ich mir heute in Deutschland BlaBlaCar und Carpooling zusammen anschaue, sind wir vielleicht bei einem Zehntel der Dimension, die wir erreichen wollen", sagt Brusson. In den nächsten Monaten soll der Service auf einer Plattform vereinheitlicht werden. Was das im Detail heißt, bleibt abzuwarten. Derzeit verlangt Mitfahrgelegenheit.de pro Fahrt eine Gebühr, während BlaBlaCar gebührenfrei ist. In Frankreich oder Spanien dagegen erhebt BlaBlaCar ebenfalls Gebühren.

Wer braucht noch Mitfahrportale?

Aber wer braucht eigentlich noch Mitfahrgelegenheiten? Das Hauptargument, der Preis, entfällt. Wer am Donnerstag von Hamburg nach Köln fahren will, kann im Fernbus für 18 Euro mitfahren, eine Mitfahrgelegenheit kostet mindestens 20 Euro. Von München nach Frankfurt kostet die Mitfahrgelegenheit 19 Euro, der Fernbusplatz ist schon für 15 Euro zu haben.

Preislich interessant ist die Reiseform daher nur für Strecken, die nicht von den Fernbussen bedient werden. Oder auf denen der Bus nur zu bestimmten Tageszeiten fährt. Es gibt nämlich viele Routen, auf denen der Fernbus abends gar nicht mehr unterwegs ist, während dann umso mehr private Feierabendfahrer freie Plätze anbieten. Der Bus lässt sich dafür zuverlässig lange im Voraus buchen, während Mitfahrgelegenheiten meist eine kurzfristige Angelegenheit sind.

Und der Reisekomfort? Die Busse brauchen zum Teil deutlich länger für die Strecke als ein Pkw, dafür kann man dort im Wlan surfen und Toiletten sind auch an Bord. BlaBlaCar versucht dagegen, mit dem individuelleren Reiseerlebnis zu punkten. Auf der Webseite können Fahrer sich mit Foto präsentieren und angeben, wieviel im Wagen gequatscht, geraucht und Musik gehört wird. Die Nutzer können die Fahrer bewerten und Kommentare hinterlassen. Und wenn die Chemie stimmt, nimmt der Fahrer vielleicht auch einen kleinen Umweg in Kauf und schmeißt seine Mitfahrer nicht einfach auf der Strecke raus.

Ob man nun Bus oder Pkw bevorzugt. Für die Reisenden ist es auf jeden Fall gut, dass es die Alternative der Mitfahrgelegenheiten gibt. Sollten die Fernbusse irgendwann ihre Dumpingpreise anheben, stehen die Mitfahrgelegenheiten bereit.