Rente So stellen sich die Wirtschaftsweisen ein gutes Vorsorgedepot vor

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Die Wirtschaftsweisen (v. r.) Monika Schnitzer, Veronika Grimm, Ulrike Malmendier und Martin Werding
Die Wirtschaftsweisen (v. r.) Monika Schnitzer, Veronika Grimm, Ulrike Malmendier und Martin Werding
© Stefan Boness / Picture Alliance
Viele Menschen sorgen sich um ihre Rente, doch sparen kaum. Die Wirtschaftsweisen plädieren deshalb für eine Widerspruchslösung beim geplanten Vorsorgedepot.

Der Sachverständigenrat Wirtschaft dringt auf einen grundlegenden Umbau der privaten Altersvorsorge. In einem neuen Arbeitspapier schlagen die sogenannten Wirtschaftsweisen ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot vor, das nach schwedischem Vorbild funktionieren und deutlich einfacher, kostengünstiger und renditestärker sein soll als bisherige Modelle wie die Riester-Rente.

Zentraler Baustein des Konzepts ist eine automatische Teilnahme aller Erwerbstätigen mit Opt-out-Möglichkeit. Wer also nicht widerspricht, spart somit automatisch für die private Altersvorsorge. Das sei entscheidend, um die Verbreitung kapitalgedeckter Vorsorge zu erhöhen, heißt es in dem Papier. 

Nur begrenzte Auswahl an Anlageformen

Für das Depot setzt das Gremium in erster Linie auf private Anbieter, die mit eigenen Angeboten um Kunden konkurrieren sollen. Für diejenigen, die keine eigene Auswahl treffen oder sich nicht selbst um ein Depot etwa bei einem Online-Broker kümmern wollen, sehen die Wirtschaftsweisen ein staatlich verwaltetes Standardprodukt vor. Dieses soll als Default-Lösung dienen.

Für das neue Vorsorgedepot soll es nur eine klar begrenzte Auswahl an Anlageklassen geben. Erwerbstätige sollen etwa ausschließlich in breit gestreute Fonds investieren dürfen – dazu zählen sowohl klassische Investmentfonds und ETFs sowie anteilig auch ELTIFs, die Zugang zu Privatmärkten bieten. Einzelaktien sollen dagegen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Sie eignen sich wegen fehlender Streuung nicht für die Altersvorsorge, heißt es in dem Papier. Auch Produkte mit Kapitalgarantien, wie sie bei Riester üblich waren, sollen nicht mehr zugelassen werden. Diese hatten wegen hoher Kosten die Renditen von Sparern stark geschmälert.

Beim staatlich verwalteten Standarddepot soll der Vermögensaufbau altersgerecht erfolgen. Anfangs soll ein hoher Aktienanteil stehen, der nach und nach durch risikoärmere Anlageklassen wie Anleihen ersetzt wird. Auch die Auszahlungsphase in der Rente soll flexibler werden; eine Pflicht zur Verrentung wie bei Riester ist nicht vorgesehen. Sparer sollen etwa frei wählen können, ob sie monatliche Zahlungen, variable Renten oder größere Teilauszahlungen erhalten wollen.

Rente: Nur wenige fühlen sich vorbereitet

Der finanzielle Druck auf das deutsche Rentensystem wächst. Schon jetzt zahlt der Staat jährlich rund 120 Milliarden Euro aus Steuermitteln in die Rentenkasse ein. Aufgrund der alternden Bevölkerung rechnen Experten in den nächsten Jahren mit weiter steigenden Zuschüssen. Daneben fühlen sich nur wenige Menschen finanziell gut aufs Alter vorbereitet, wie jüngst eine Studie des Vermögensverwalters Blackrock zeigte. Danach sind nur 19 Prozent der Befragten zuversichtlich, dass ihr Erspartes für den Ruhestand reichen wird. Entsprechend laut sind die Forderungen nach einer Reform der privaten Altersvorsorge, die besonders den Kapitalmarkt stärker in den Blick nimmt.

Allerdings kommen die Vorschläge der Wirtschaftsweisen zu einem überraschenden Zeitpunkt. In der Koalition zwischen CDU/CSU und SPD laufen die Gespräche zur Reform der privaten Altersvorsorge bereits seit Monaten unter hohem Zeitdruck. Der SPD-Finanzpolitiker Michael Thews erwartet den Referentenentwurf des Finanzministeriums "zum Ende dieser Woche, spätestens nächste Woche". Der 17. Dezember solle als Termin für die Kabinettsbefassung unbedingt gehalten werden. Dass die Vorschläge der Wirtschaftsweisen noch Berücksichtigung finden, scheint daher fraglich.

"Punkte, mit deren Umsetzung wir rechnen"

Der Wirtschaftsweise Martin Werding betonte auf Capital-Anfrage, man habe den Reformvorschlag seit längerer Zeit vorbereitet: "Seit dem Jahresgutachten 2023/24, in dem wir Vorschläge für Reformen der Altersvorsorge vorgelegt haben, haben wir uns regelmäßig zur privaten Altersvorsorge geäußert, die in Deutschland verbindlicher, einfacher und renditestärker werden muss – so wie es in Schweden seit 25 Jahren umgesetzt wird." Die Politik kenne die Überlegungen, so Werding weiter. "Den Vorschlag zum Altersvorsorgedepot haben wir nun mit dem Jahresgutachten 2025/26 konkretisiert. Für den anstehenden parlamentarischen Prozess sind wir damit allemal rechtzeitig."

Unklar sei allerdings, wie nah die Pläne der Bundesregierung am Konzept des Sachverständigenrats liegen. "Standardprodukte mit überschaubaren Wahlmöglichkeiten und geringen Kosten sowie eine Förderung von Geringverdienern sind wichtige Punkte, mit deren Umsetzung wir rechnen", sagte Werding. "Hoffentlich wählt die Politik auch eine Opt-out-Lösung. Es braucht keinen Zwang, aber Regeln, die eine höhere Verbreitung sicherstellen. Sehr wichtig ist, dass die Fehler der Riester-Rente nicht wiederholt werden."

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