Schick sind sie, die Räume der Flo Peters Gallery in Hamburg. Schick auch die Gäste: die Damen mit perfekt sitzenden Frisuren und aktueller Herbstmode, die Herren mit Dreitagebärten und lässigen Sneakern, manche elegant im Anzug. Kühl und kahl kommen die ersten Augenblicke dieser Ausstellung daher: grau gestrichener Betonboden, weiße Wände, Schwarzweißbilder in schlanken schwarzen Rahmen, schlichte Designermöbel – die üblichen Verdächtigen.
Aber etwas ist anders als sonst, das merkt man schnell. Man murmelt, trinkt Wein und genießt große Kunst. Aber wo sind die ernsten Kunstkennergesichter? Warum steht hier niemand grübelnd vor den Werken? Warum schmunzeln alle? Woher diese strahlenden Augen? Schuld daran ist Elliott Erwitt. Mit braunem Sakko und dicker Hornbrille flaniert der 79-jährige Fotograf umher, plauscht hier und dort, schmunzelt, lacht, signiert Bücher und nippt an seinem Weißwein. Wie von Zauberhand müssen alle grinsen, der Mann ist ansteckend - die Eröffnung seiner Ausstellung "Seen & Unseen" kann heiter werden.
Große Bilder, kleine Worte
Derart entspannt lassen sich die 100 Bilder aus all den Jahren in vollen Zügen genießen. Man kann nur staunen, was Elliott Erwitt gesehen und fotografiert hat. Auch Torsten Päschel, 35, aus Lüneburg ist baff: "Wie kann man solche Bilder machen ohne aufzufallen?", fragt sich der leidenschaftliche Hobbyfotograf. Besonders die vielen Hunde, die Portraits von Sexbombe Marilyn Monroe und die zwei Herren im Museum faszinieren ihn: "Wahnsinn!" sagt er, "Wie kann man solche Momente vorhersehen?" Dann geht er wieder Bilder gucken.
Der große Meister selbst macht indes um seine Person nicht viel Aufhebens, urkomisch und schnörkellos wie seine Bilder stellt er sich seinen Besuchern. "Sie haben Fragen? Also, ich bin fünf Fuß und neuneinhalb Zoll groß", sagt er und blinzelt dabei wie die Grinsekatze aus "Alice im Wunderland". Zu seiner Arbeit gefragt, gibt er sich pragmatisch: "Es ist nicht viel dabei, ich bin kein Künstler. Ich sehe einfach Dinge und fotografiere sie, in verschiedenen Ländern." Über was er sich, wenn er zurückblickt, am meisten gefreut habe? Elliott Erwitt grübelt kurz und schmunzelt dann: "Heiße Duschen. Wenn man den ganzen Tag unterwegs ist, dann tut das abends unheimlich gut. Besser noch in die Sauna, wenn es eine gibt."
Der trifft die Hunde so gut
"Was hat es denn mit den vielen Hunden auf sich?", fragt einer. "Oh, das ist Ihnen also aufgefallen?" entgegnet der Kamera-Komödiant herausfordernd und erklärt dann: "Ja, ich mag Hunde. Menschen und Elefanten sind aber auch ganz OK, eigentlich mag ich alle Geschöpfe Gottes. Hunde sind wie Menschen, nur mit mehr Haaren, und sie wollen nie Abzüge haben - ich schätze, das mag ich."
Auch Nele-Marie, 9, mag Erwitts Hundebilder: "Der trifft die Hunde so gut!" strahlt der Blondschopf mit den Schmetterlingsohringen und flitzt sich schnell ein Autogramm holen, Papa hat Bücher gekauft und die wollen signiert sein. Wieder da, zeigt sie stolz ihre Beute:"Der ist total nett, aber ich verstehe ihn nicht." Sagt sie und erklärt dann, welches Bild ihr am besten gefällt: "Der Mann mit den zwei Bulldoggen hinten in der Ecke. Das sieht aus, als hätte er Männerbeine und einen Hundekopf, total lustig."
Großes Fotokino zwischen Witz und Melancholie
Die Elliot-Erwitt-Vernissage in Hamburg zeigt, wie eine Ausstellung sein kann: großes Fotokino! Witzig, clever und zuweilen melancholisch entfaltet sich an den Wänden der Hamburger Galerie das Lebenswerk eines genialen Beobachters: Die Monroe, Che Guevara oder John F. Kennedy finden sich neben Hunden, Passanten und Nudisten. Zeitgeschichte hängt neben schlichtweg urkomischen Alltagsszenen, bekannte Werke neben bisher unveröffentlichten Aufnahmen - jedes Bild erzählt seine ganz eigene Geschichte. Am Ende der Ausstellung gehen die Leute zufrieden nach Hause, die meisten lächeln. Und Elliott Erwitt? Der gönnt sich wahrscheinlich erstmal eine heiße Dusche.
Elliott Erwitt in Hamburg
Vom 28.11.07 bis 27.01.08
Flo Peters Gallery
Chilehaus C - Pumpen 8
20095 Hamburg