"Zusammen ist man weniger allein" Eine Liebeserklärung an die Freundschaft

Von Eva-Maria Senftleben
Vier unglückliche, einsame Menschen treffen sich zufällig in einer Pariser WG und können schließlich nicht mehr ohne einander leben. "Zusammen ist man weniger allein" ist wunderschönes Kino mit einer uralten und immer aktuellen Botschaft: All you need is love!

Die ungewöhnliche Wohngemeinschaft von Philibert und Franck funktioniert beinahe reibungslos. Der stotternde Adelssprössling bewohnt die 300 Quadratmeter große Wohnung seiner verstorbenen Großmutter. Er verkauft Postkarten, weil er sich nichts anderes zutraut: Die Sprachstörung steht ihm im Weg. Sein Mitbewohner Franck gibt den aufbrausenden Macho - das krasse Gegenteil zum stets Fliege tragenden, höflichen Philibert. Er ist Koch und dauernd im Stress. Seine Freizeit verbringt er mit lauter Musik, Alkohol, seinem Motorrad und kurzlebigen Frauenbekanntschaften. Es gibt nur eine Person, die Franck wirklich etwas zu bedeuten scheint: Seine Großmutter Paulette, eine alte Frau, die auf dem Land wohnt und Angst hat, ins Altersheim zu müssen.

Gemeinsam sind sie stark

Doch dann beschließt Philibert spontan, die Nachbarin Camille (Audrey Tautou) aufzunehmen, weil sie alleine mit einer schweren Erkältung in ihrer kalten Dachgeschosswohnung liegt. Die traurige junge Frau arbeitet lieber in einer Putzkolonne, als ihr großartiges Zeichentalent zum Beruf zu machen. Camille und Franck kommen zunächst überhaupt nicht miteinander zurecht. Erst langsam gelingt es den beiden, aufeinander zuzugehen und ihre Macken zu akzeptieren, denn zusammen sind sie weniger allein. Schließlich holen die drei auch Francks Großmutter Paulette zu sich, die nach einem Sturz nicht mehr alleine wohnen kann.

Vier Persönlichkeiten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, und doch gelingt ihnen gemeinsam, woran sie alleine bisher gescheitert sind. Philibert entdeckt seine Passion für die Schauspielerei und schafft es, sein Stottern in den Griff zu bekommen. Die neuen Freunde geben ihm sein Selbstwertgefühl zurück, er blüht förmlich auf. Franck fällt es zunächst schwer, seine seine harte Schale abzulegen. Doch dann verliebt er sich in Camille und wird umgänglicher. Camille findet eine Aufgabe darin, Paulette zu pflegen und ihr ihren größten Wunsch zu erfüllen: Sie will nicht im Heim sterben.

Zwischen Streit, Liebe, Verzweiflung, Angst, Selbstzweifeln und Einsamkeit finden die vier Suchenden beieinander Halt. Camille, Philibert, Franck und Paulette müssen Tag um Tag um ihre Freundschaft kämpfen. Ein bezauberndes Lehrstück über die Macht des Zufalls und darüber, wie schwer es sein kann, das Glück zu erkennen und anzunehmen.

Zwischen Leichtigkeit und Schwermut

"Zusammen ist man weniger allein" ist eine Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Anna Gavalda. Meisterhaft spinnt Regisseur und Drehbuchautor Claude Berri die Romanvorlage zu Bildern voller Melancholie - eine Liebeserklärung an die Freundschaft. Die Schauspieler verleihen dem Film eine herrliche Mischung aus Leichtigkeit und Schwermut. Audrey Tautou, Laurent Stocker, Guillaume Canet und Françoise Bertin spielen die vier WG-Bewohner so authentisch, dass die Figuren am Ende des Films so vertraut wie alte Bekannte wirken.

Nie übertrieben oder theatralisch, erinnert der Film keinesfalls an typische "Hollywood-Schnulzen". Dank der Vielschichtigkeit der Charaktere und der detailverliebten Inszenierung kommt die simple Botschaft über ein plattes und oberflächliches "Alles wird gut" hinaus. Dennoch hat "Zusammen ist man weniger allein" eine Schwachstelle: Die Liebesgeschichte zwischen Camille und Franck ist stellenweise ein wenig vorhersehbar - zu oft hat man die herzzerreißende Abschiedsszene am Flughafen schon gesehen.

Claude Berri hat dem aktuellen französischen Kino einen weiteren Film beschert, dessen Geschichte zu schön ist, um wahr zu sein. Zugleich sind seine Figuren aber so bestechend unspektakulär, dass der Film Hoffnung macht, dies könnte jedem selbst passieren. "Zusammen ist man weniger allein" ist kein klassischer "Gute-Laune-Film", sondern einer, der still und leise das Herz wärmt und glücklich macht. Wer "Die fabelhafte Welt der Amélie" oder "Der wilde Schlag meines Herzens" gemocht hat, wird auch diesen Film lieben.

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