Sie sind wieder da: Die chorus-versetzte Solo-Bass-Gitarre, die geraden und unaufhaltsamen Beats, die klare, unprätentiöse Stimme, das tief im Untergrund der Seele wühlende Mixing spröder Melancholie und understateter Ausgeglichenheit: »New Order« – mit ihrem ersten Studioalbum seit 1993, »Get Ready«, das am 27. August in die Plattenläden gekommen ist, feiern sie ihr Come Back. Sechs Studioalben, ein John Peel-Live-Mitschnitt, zwei Best-Of-Compilations, 34 Singles und eine Vielzahl von Awards für innovative Videos und Artwork bezeichnen die Geschichte von »New Order«. Durch die Vermengung elektronischer Elemente und Gitarrenästhetik hat die Band das Gesicht der Popmusik nachhaltig geprägt. New Order produzieren Elektronica für Rockfans, Future-Disco für Post-Punk, herzberührende Musik für Kopfmenschen und Kunst für Ungekünstelte.
Die Spanne ihrer Fans reicht von alten ?77ern bis zu jungen Elektrofreaks, vereinigt Kunststudenten und Fußball-Fanatiker, verbindet Hausfrauen mit Acid-Heads. In der Tat waren »New Order« in den Wirren des Postpunk die Ersten, die sich über die scheinbar unüberschreitbaren Grenzen zwischen Gitarre und Synthesizer hinewegsetzten.
Mit ihrem neuen Album »Get Ready«, das von Steve Osborne produziert wurde, legen die Jungs ein kleines Meisterwerk zwischen den Zeiten und Stilen vor. Es ist eine fantastisch gelungene Mischung aus groovig-rockigen Nummern wie »60 M.P.H.«, »Dream On« und »Run Wild«, spannungsgeladenen Electronica-Midtempo-Tracks wie »Vicious Streak« und »Freefall« sowie gefühlvollen Balladesken wie »Sabotage« und »Full Circle«. Die erste Single, erschienen am 13. August, war »Crystal«, der gitarrenlastige, melodische Opener, der unter anderem auch Gillians Vocals zeigt.
Geschichte der Band
Um die Anfänge der Band zu ergründen, muss man schon etwas weiter in die Vergangenheit zurückgehen.
1976 besuchten Bernard und Peter ihr erstes Sex-Pistols Konzert in der Free Trade Hall in Manchester, und schon am nächsten Tag hielt jeder von ihnen sein erstes eigenes Instrument in der Hand. Mit Ian Curtis fand sich bald ein Sänger, und mit Stephen Morris war das Line-Up perfekt: »Warsaw« war geboren und sollte drei Jahre später den Namen erhalten, der das Synonym für dunkelsten Post-Punk und Inspirationsquelle für mehrere Generationen Gothic-Bands werden sollte: »Joy Division« - unter diesem Namen veröffentlichten sie die Alben »Unknown Pleasures«, »Closer« und »Still« sowie die Kultsingles »Transmission« und »Love Will Tear Us Apart« auf dem Factory-Label und fanden im Mai 1980 nach dem tragischen Freitod Ians ihr bitteres Ende.
Bernard, der nun die Gesangsparts übernahm, Peter und Stephen beschlossen jedoch weiterzumachen. Auf Anraten des Managers Rob Gretton wurde zusätzlich Stephens Freundin Gillian als Keyboarderin ins Line-Up aufgenommen. Dies veränderte den Sound komplett, und so gelang es »New Order«, sich einerseits von Übermacht des Joy Division-Kults zu befreien und trotzdem das Erbe würdig anzutreten.
Auf das 1981 erschienene erste Album »Movement«, ein trockenes und verwirrendes Werk, das die Anfangsschwierigkeiten der musikalischen Identitätssuche eindringlich dokumentierte, erschien 1983 das zweite Album »Power, Corruption And Lies«. Der Über-Hit dieses Albums »Blue Monday« entwickelte sich innerhalb von Wochen mit 12 Millionen verkauften Exemplaren zur meistverkauften Vinyl-Maxi aller Zeiten und bereitete den Weg für das Album und die Single »Confusion«, die von einem der ersten HipHop-Producer, Arthur Baker, produziert wurde. New Order hatten den Schritt von der Art-School zum State Of The Art geschafft.
Das erste, 1989 erschienene New-Order-Platin-Album »Technique« war ein zündendes Feuerwerk, inspiriert von mehreren Ibiza-Aufenthalten und dem Fundament im Club.
1990 zog die Band schon den nächsten Trumpf aus der Tasche und legte mit »World In Motion« nicht nur ihren ersten No.1-Hit vor, sondern schrieb auch die Hymne »Soccer meets Clubbing meets Credibility« zur 90er Fußball-WM.
Die vier Jahre von 1989 bis 1993 waren ausgefüllt: Bernard gründete mit Pet-Shop-Boy Neil Tennant und Ex-Smiths-Gitarrist Johnny Marr die Formation »Electronic«, Hooky ging mit »Revenge« und später »Monaco« rocken. Stephen und Gillian schrieben Soundtracks und veröffentlichten unter dem Namen »The Other Two«.