Montagskonferenz. Die Sonntagslaune haben die meisten Kollegen zusammen mit dem "Tatort" ausgeschaltet, müde Gesichter, leicht genervte "Alles auf Los"-Stimmung. Und dann geht die Tür auf. Er kommt rein. Schaut irre gut aus. Schaut, das gibt’s doch gar nicht, noch besser aus als am Freitag. Nicken, lächeln. Der Chef beginnt mit der Aufgabenverteilung für den Tag, einzelne Kollegen schließen die Augen, atmen schwer. Man selbst auch, allerdings aus ein bisschen anderen Gründen. Hat es je einen besseren Tag gegeben als den Montag, diesen Startschuss zu fünf Tagen flauem Magen und Hitzewallungen? Wahrscheinlich nicht.
Klingt irgendwie vertraut? Statistisch gesehen gibt es jedenfalls bloß zwei Gelegenheiten, bei denen wir uns öfter verlieben: Nicht etwa beim Onlinedaten, sondern einzig im Freundeskreis und beim Ausgehen funkt es häufiger als im Büro. Ist ja auch kein Wunder. Mit niemandem verbringen wir so viel Zeit wie mit unseren Kollegen, mindestens 40 Stunden. Dazu der ganze Stress und die geteilten Höhen und Tiefen des Büroalltags. Wissenschaftler sagen: Je größer die Identifikation mit dem Job, desto emotionaler geht es auch unter den Kollegen zu. Und Emotionen, das weiß man ja, lassen sich nur bis zu einem bestimmten Grad bewusst kanalisieren.
Büroflirts sind nicht überall gerne gesehen
Trotzdem sind Büroflirts bis heute nicht überall gerne gesehen. In den USA können Beziehungen unter Mitarbeitern sogar vertraglich verboten werden. Klingt hart, hat aber gute Gründe. Interpretiert ein Kollege beispielsweise mehr in das kollegiale Miteinander hinein als der andere, kann es schnell unangenehm werden für einen selbst und das Team.
So wie bei Lisa (Name geändert - Anm. d. Red.), 32, aus Hamburg:
FALL 1: EINER WILL, DER ANDERE NICHT
Es begann mit Mails über den Arbeitsserver, Verabredungen zum Mittagessen, ganz normal. Nachdem die Sekretärin eine Telefonliste rumgeschickt hatte, eröffnete er einen Whatsapp-Chat. Die Themen waren unverfänglich, aber er schrieb regelmäßig, irgendwann auch die Wochenenden durch. Ich mochte ihn war aber überhaupt nicht interessiert. Trotzdem versuchte ich, irgendwie den Spagat zwischen höflich und oberflächlich zu schaffen. Als ich an einem Montagabend zum Parkplatz kam, klemmte eine Rose an meinem Scheibenwischer. Ich schickte ihm ein Bild und ein Fragezeichen, er mir ein errötetes Smiley zurück. Für den Rest des Abends stellte ich mein Handy in den Flugmodus. Ich dachte, das sei eine klare Botschaft. Wohl nicht. Drei Tage später lagen zwei Konzertkarten auf meiner Tastatur. Da wusste ich, dass ich mit ihm reden muss. Mein erster Impuls war zu sagen, ich sei in jemand anderen verliebt. Aber irgendwie hätte das ein Türchen offengehalten. Also schrieb ich ihm, dass ich ihn möge, mir mehr aber nicht vorstellen könne. Er grüßt mich seither nicht mehr, bei Konferenzen spricht er nur mit meinen Kollegen. Die merken natürlich, dass etwas nicht stimmt. Mir ist das alles unangenehm.
Warum Lisa trotzdem viel richtig gemacht hat
Fragt man Meike Müller, hat Lisa trotzdem viel richtig gemacht. Müller ist Führungskräfte-Coach in Berlin und Autorin des BestsellerRatgebers "Rendezvous am Arbeitsplatz". Sie sagt: "Macht mir ein Kollege den Hof, und ich bin nicht interessiert, komme ich um ein ehrliches Gespräch nicht herum." Besonders Frauen würden dazu tendieren, zu lange nur mit nonverbalen Gesten wie Augenrollen oder demonstrativem Abstandhalten ihr Desinteresse auszudrücken. "Besser ist es, unter vier Augen klipp und klar anzusprechen, dass man nicht interessiert ist, ihn oder sie als Kollegen aber sehr zu schätzen weiß", sagt Müller.
Wobei es dabei eine entscheidende Ausnahme gebe: Handelt es sich bei dem Verehrer um den Vorgesetzten, wird es noch mal komplizierter. Wer gezwungen ist, den Chef zu korben, macht sich, vollkommen zu Recht, Sorgen um seinen Job. So wie Sachbearbeiterin Verena*, 24, aus Neustadt an der Aisch - ihren Fall lest Ihr demnächst bei uns.
