Botendienste Fahrradkuriere strampeln gegen Auftragsflaute an

Auch die Fahrradkuriere bleiben von der allgemeinen Wirtschaftsflaute nicht verschont. Außerdem drückt die zunehmende Verbreitung von Dokumenten auf dem elektronischen Weg der branche die Luft ab.

Die Fahrradkuriere in Deutschland strampeln vergeblich gegen die Auftragsflaute an. Immer weniger Radler flitzen in den Städten mit ihren markanten Rucksäcken aus wetterfestem Kunststoff zwischen den Blechlawinen hindurch. Die schwache Konjunktur und die zunehmende Verbreitung von Dokumenten auf elektronischem Weg machen den rund 100 spezialisierten Transportunternehmen schwer zu schaffen.

Hauptkunden brechen weg

Die Werbebranche, die Banken und die Reisebüros als Hauptkunden haben ihre Aufträge wegen eigener dahindümpelnder Geschäfte kräftig ausgedünnt. "Wir haben mittlerweile nur noch die Hälfte von dem, was wir im Boomjahr 2000 an Umsätzen hatten", sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Fahrradkurierdienste (bdf), Gerlinde Althoff. Immerhin 50 Millionen DM (25,6 Mio Euro) erwirtschafteten die Transportfahrer auf zwei Rädern einst in 2000.

Vieles läßt sich nicht faxen

Damals fuhren sie Filme von den Werbeagenturen in die Druckereien und kamen mit den Blaupausen zurück. Für die Banken waren sie Dokumentüberbringer zwischen einzelnen Filialen. "Viele Unterlagen lassen sich einfach nicht faxen oder mailen", erklärt Christoph Titzka, Geschäftsführer und Mitinhaber der Frankfurter Turbokurier GmbH. Laborproben, Röntgenbilder, Briefmarken, Schrauben, Videobänder für TV-Sender oder Blumen versenkten die Profi-Radler in den Plastik-Taschen und brachten sie von A nach B. Denn auf Strecken von bis zu fünf Kilometern gilt das Rad als das schnellste Fortbewegungsmittel. Die Auftragsflut war kaum zu bewältigen.

Aktive Kundensuche

Nur drei Jahre später rollt nichts mehr von allein bei den Fahrradkurieren. "Wer jetzt auf die Aufträge setzt, die nur noch tröpfelnd hereinkommen, hat verloren", betont Althoff. Viele Banken haben von heute auf morgen die Anrufe in den Kurierzentralen eingestellt. Die wenigen Transporte werden nun von den eigenen Leuten erledigt - häufig hat dies dem einen oder anderen Bankangestellten, der kein Aufgabengebiet mehr hatte, den Job gerettet. Neue Kunden aktiv suchen, lautet somit das Motto bei den Fahrradkurieren. Die Branche hofft etwa darauf, dass die Verwaltungen in den Städten die Zustellung der Hauspost an sie übertragen, um Kosten zu sparen.

Beruf mit Tradition

Für die wenigsten der rund 1.000 Fahrer ist der Job eine lebenslange Aufgabe. Jährlich strampeln sie zusammen 17 Millionen Kilometer ab. Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert gibt es Fahrradboten in Deutschland. Damals hießen sie Blitzgesellschaften, Messenger-Boy-Compagnien oder Eilboten-Anstalten.

Meist nur Gelegenheitsjobber

Der Fahrradkurierdienst ist nur eine Vermittlungszentrale von Aufträgen an selbstständige Fahrer, wie es bei Taxen üblich ist. Meist sind es Gelegenheitsjobber wie Studenten, die sich auf den Sattel schwingen. "Der normale Fahrer ist männlich und zwischen 20 und 30 Jahre alt", schildert Althoff. Einmal pro Jahr können die schnellen Flitzer sogar ihre Fähigkeiten bei den Deutschen Kuriermeisterschaften mit anderen messen. Schnelligkeit bei Bergfahrten, eine fixe Orientierung und Gleichgewichtssinn gilt es dabei unter Beweis zu stellen.

Stellen nicht mehr nachbesetzt

Die 100 Kurierdienste haben mittlerweile wegen ihrer schwachen Auftragslage immer weniger Leute im Einsatz. "Wir waren noch vor zwei Jahren 45, jetzt sind es nur noch 35", zieht Titzka Bilanz. Wer aufhört, wird nicht ersetzt. Nur weil wichtige Anschaffungen wie die PC-Anlage bereits abbezahlt seien, könne man sich über Wasser halten. Auch der Pleitenrekord macht Turbokurier zu schaffen. "Wir konnten in einigen Fällen gerade noch die letzten Rechnungsbeträge eintreiben, bevor das Unternehmen Insolvenz angemeldet hat." Angesichts der ausgedünnten Personallage werden viele Fahrten nun von Titzka und den zwei anderen Mitinhabern selbst erledigt.