84-Stunden-Woche und Übernachten im Büro Wie Twitter-Mitarbeiter versuchen, nicht von Elon Musk gefeuert zu werden

Work hard, Party hard: Neben all der Arbeit fand Elon Musk noch Zeit bei Heidi Klums Halloween-Feier vorbeizuschauen
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© Evan Agostini / DPA
Elon Musk will Twitter nach seinen Vorstellungen umbauen und die Mitarbeiter sollen dafür Überstunden schieben. Einige arbeiten derzeit offenbar nonstop, manche übernachten gar im Büro – viele haben Angst vor der Entlassung.

Was Elon Musk von Leuten erwartet, die für ihn arbeiten, fasst ein Tweet zusammen, den er vor ziemlich genau vier Jahren abgesetzt hat. "Es gibt deutlich entspanntere Arbeitsplätze, aber niemand hat jemals die Welt mit einer 40-Stunden-Woche verändert." Als jemand wissen wollte, wie viele Stunden es dafür denn brauche, antwortete Musk: Das sei von Person zu Person unterschiedlich, aber irgendwo zwischen 80 und 100 Wochenstunden Arbeit liege der Wert schon. 

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Bezogen waren die Aussagen damals auf Jobs bei seinen Firmen Tesla, SpaceX, Boring Company und Neuralink. Nun muss man Twitter in dieser Aufzählung ergänzen. Seit Elon Musk dort vergangene Woche das Ruder übernommen hat, ist der Konzern in Aufruhr. Musk ist mit einer Riege Vertrauter ins Headquarter in San Francisco eingefallen und hat die bisherigen Konzernchefs handstreichartig gefeuert. Er hat Twitter von der Börse genommen, den Verwaltungsrat aufgelöst und sich als Alleinherrscher installiert.

Nun baut er Twitter nach seinen Vorstellungen um und verlangt von der Belegschaft dabei offenbar den gleichen manischen Arbeitseifer, den er selbst vorlebt. So berichtet CNBC, dass Twitter-Manager Mitarbeiter angewiesen hätten, Zwölf-Stunden-Schichten zu schieben, sieben Tage die Woche, um Musks aggressive Deadlines zu halten. Das würde einer 84-Stunden-Woche entsprechen. Von einer Bezahlung der Überstunden oder sonstiger Kompensation sei keine Rede. Wer die Aufgaben nicht fristgerecht erledigt, müsse sich große Sorgen um seine weitere Karriere bei Twitter machen. 

Elon Musk will Jobs abbauen

Dass Elon Musk Leute rausschmeißen will, hat er in der Vergangenheit offen gesagt. Von den rund 7500 Beschäftigten bei Twitter wolle er rund drei Viertel loswerden, vertraute er vor Abschluss des Deals beteiligten Partnern an. Die Washington Post berichtete diese Woche, in einer ersten Runde solle jeder Vierte seinen Job verlieren. Betroffen seien die Abteilungen Vertrieb, Produkt, Entwicklung, Vertrauen und Sicherheit sowie die Rechtsabteilung.

Bislang hat Musk keine konkreten Entlassungspläne bekannt gegeben und via Twitter sogar verneint, das es diese Woche welche geben soll. Laut New York Times wurden allerdings mehrere Twitter-Manager aufgefordert, Listen ihrer Teams mit den Top-Performern zu erstellen, die Musk als Grundlage nehmen könnte, wer seinen Job behalten darf und wer nicht. 

Mit Schlafsack im Büro

Die Führungskräfte selbst stehen auch enorm unter Druck, Musk zufrieden zu stellen. Einige berichten gar, dass sie am Wochenende in der Firma übernachtet hätten. Am Mittwoch verbreitete sich via Twitter ein Bild von einem Mitarbeiter, das seine Chefin in einem Schlafsack auf dem Boden liegend zeigt. "Sleep where you work" heißt es dazu, auch wenn unklar ist, ob das Bild nicht gestellt ist. Immer wieder bestellten Musk und seine Leute auch Twitter-Manager zum Gespräch ein, die von ihrer Arbeit und der ihres Teams berichten sollten. Einige hatten das Gefühl, auch über den Fortbestand ihres eigenen Jobs zu sprechen.

Der Business Insider beschreibt den Kampf der Twitter-Mitarbeiter um ihre auf dem Spiel stehenden Job als "Twitter’s Hunger Games". Viele Entwickler und Abteilungsleiter hätten das Wochenende durcharbeiten müssen, um bestimmte Programmieraufgaben zu schaffen. Musk habe dies auch als Test gesehen, wer fähig und willens sei, unter seiner Regentschaft zu überleben. Einzelne Mitarbeiter, die sich auf Twitter kritisch geäußert haben, sollen gefeuert worden sein. 

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Musk steht auch deshalb unter Druck, Personalkosten zu sparen, weil ihn der Twitter-Kauf 44 Milliarden Dollar gekostet hat, von denen er rund 13 Milliarden Twitter als Schulden aufgebürdet hat. Allein der Schuldendienst kostet somit mehr, als Twitter aktuell verdient. Eine erste inhaltliche Entscheidung, mit der Einnahmen generiert werden sollen, verkündete Musk am Mittwoch: So sollen Twitter-Nutzer künftig acht Dollar im Monat zahlen, um das blaue Häkchen nutzen zu dürfen, das ihren Account als echt verifiziert.

Trotz der ganzen Arbeit fand Elon Musk in den vergangenen Tagen auch ein bisschen Zeit für Zerstreuung. Zwischen Meetings und Pläneschmieden teilte er mal eben via Twitter eine Verschwörungstheorie über den Angriff auf den Ehemann von Top-Politikerin Nancy Pelosi – und er kreuzte verkleidet auf der Promi-Halloweenfeier von Heidi Klum auf.

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