"Viele Händler haben bereits jetzt Probleme, Reifen zu bekommen", sagte Peter Hülzer, Geschäftsführer des Reifenhändler-Bundesverbandes am Dienstag in Bonn. Nach seiner Einschätzung heizt die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung und die neue Winterreifen-Pflicht die Nachfrage zusätzlich an. Sollte es jetzt auch noch zu einem Kälteeinbruch kommen, wird sich laut Hülzer sie Situation weiter zuspitzen. Insbesondere bei preiswerten Fabrikaten seien die Lager schon jetzt teilweise geräumt. Fehlende Winterbefreiung kann neuerdings Verwarngelder und sogar einen Punkt im Flensburger Zentralregister zur Folge haben.
Industrie glaubte nicht an Kaufabsicht
"Ich kann die Industrie langsam nicht mehr verstehen", so Hülzer. Es seien zwar für diese Saison rund 1,5 Millionen mehr Winterpneus produziert worden, aber das reiche bei weitem nicht aus. "Man konnte damit rechnen, dass es diesen Run auf Winterreifen gibt." Die Industrie habe aber offenbar dennoch gezögert, weil nicht klar gewesen sei, ob die "Geiz-ist-geil-Mentalität" anhalte oder ob es zu dem von der Gesellschaft für Konsumforschung prognostizierten Mehrwertsteuer-Kaufrausch kommt.
Hülzer rät Autofahrern auch deshalb zur Eile, weil es schon jetzt neben den Lieferengpässen auch noch bei den Montageterminen Wartezeiten gibt. "Einige Händler sind schon eine Woche im Voraus ausgebucht. Wenn es kalt wird, kann es sein, dass Kunden bis zu drei Wochen auf einen Werkstatt-Termin warten müssen."
Reifenpreise könnten noch anziehen
Möglich ist außerdem, dass die Reifenknappheit auch noch die Preise hochtreibt. "Bisher liegen die Preise leicht über Vorjahresniveau", sagte Hülzer, in dessen Verband bundesweit 1800 Händler mit insgesamt 3500 Filialen organisiert sind. Die Industrie hatte die Preise um durchschnittlich drei Prozent erhöht.
Hülzer geht davon aus, dass sich derzeit auch die Sparsamkeit vieler Autofahrer im Frühjahr niederschlägt. "Da haben viele einfach ihre alten Winterreifen weiter gefahren." Deshalb seien in diesem Jahr eine Million weniger Sommerreifen verkauft worden. Insgesamt liege der geschätzte Gesamtabsatz für 2006 mit knapp 48 Millionen Pneus leicht über Vorjahresniveau. "Wir könnten wahrscheinlich mehr verkaufen, wenn wir mehr hätten", sagte Hülzer.