ZULIEFERER Bosch kämpft um neues Image

Der Weg zu neuem Wachstum ist nicht einfach: Bosch kann das entscheidende Verhältnisses zwischen Tradition und Innovation nicht vermitteln und gilt deshalb als altmodisch.

Bosch-Chef Hermann Scholl ist unzufrieden. Ein internes Wachstum von vier bis fünf Prozent hatte er sich Anfang 2001 noch erhofft, zum Jahresende sprang wahrscheinlich nur eine Null heraus. Die Renditen des zweitgrößten Automobilzulieferers der Welt haben sich am Umsatz oder Kapitaleinsatz gemessen sogar verringert, räumte der 66-jährige Manager in der Hauszeitschrift »Bosch-Zünder« ein. Zwar konnte Bosch durch die Übernahme von Mannesmann Rexroth, eines Spezialisten für Automatisierungstechnik, das Übergewicht des Autogeschäfts im Konzern auf zwei Drittel am Umsatz zurückfahren. Doch mit der laut verkündeten Strategie, auch in anderen Sparten expandieren zu wollen, hatte die Robert Bosch GmbH bisher keinen Erfolg.

Aktien-'Mauscheleien'

Im Juli holte sich das Unternehmen erstmals seit 1984 mittels einer zwei Milliarden Euro schweren Anleihe neues Fremdkapital. Kurz darauf mehrten sich die Anzeichen, dass Bosch an der Übernahme des hessischen Heizungsbauers Buderus interessiert ist. Doch Buderus-Chef Uwe Lüders ließ die Gespräche in aller Öffentlichkeit platzen, sprach von Konflikten statt Synergien und schreckte auch nicht davor zurück, die Thermotechnik von Bosch, darunter die bekannte Marke Junkers, als veraltet hinzustellen. Obwohl sich die Gerüchte häuften, dass Bosch an der Börse Buderus-Aktien zusammenkaufte, wagte sich das Unternehmen nicht in die Offensive und musste sich von Aktionärsschützern »Mauscheleien« vorwerfen lassen.

Mehr Imageschäden

Ein verlorener Großauftrag der Tochter Blaupunkt brachte einen weiteren Image-Verlust für Bosch. Die Bestellung von Navigationssystemen im Wert von 409 Millionen Euro (800 Mio DM) für die neue Mercedes-Benz E-Klasse konnte nicht rechtzeitig ausgeführt werden, der Auftrag ging an die Konkurrenz. Der bis Juli für den Bereich Car Multimedia zuständige Geschäftsführer Stephan Rojahn (52) verließ Bosch im November. Nach offizieller Sprachregelung bat der Manager den Aufsichtsrat um Entbindung von seinem Amt. Bei den Mitarbeitern von Bosch heißt es jedoch, dass Rojahn regelrecht gefeuert wurde - eine untypische Maßnahme für das Unternehmen.

Die Kronprinzen

Der Manager galt zusammen mit den Geschäftsführern Siegfried Dais (53), Wolfgang Chur (55), Franz Fehrenbach (52) und Bernd Bohr (45) als potenzieller Nachfolger Scholls, der Mitte 2003 aus Altersgründen von dem Chefposten abtreten könnte. Scholl hatte dieses Amt noch unter dem Einfluss des intern als »Gottvater« verehrten früheren Bosch-Chefs Hans L. Merkle übernommen. Seit dessen Tod im Herbst 2000 regiert er das Unternehmen, das der reichen, aber machtlosen Bosch-Stiftung gehört, praktisch im Alleingang.

Zwischen Tradition und Innovation

Bosch ist bekannt für bahnbrechende Erfindungen wie das Antiblockiersystem (ABS), das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) und moderne Diesel-Einspritztechnik. Ganz im klassischen Stil ist hingegen die Werbung des Unternehmens gehalten (»Sicher, sauber, sparsam. Bosch hat die Lösung«). Der Generationswechsel und eine neue Definition des für den Erfolg von Bosch entscheidenden Verhältnisses zwischen Tradition und Innovation zählen zu den schwierigsten Aufgaben des Hobby-Skifahrers Scholl.

Härtere Gangart

»Wir müssen noch schneller, flexibler und effizienter, noch unternehmerischer werden«, sagt der Topmanager im »Bosch-Zünder«. Der über Jahrzehnte eingefahrene Apparat mit weltweit fast 200.000 Mitarbeitern neigt zur Schwerfälligkeit. Der Rausschmiss von Rojahn und das bisher fehlende Dementi einer feindlichen Übernahme von Buderus lassen aus Sicht von Branchenexperten kaum noch Zweifel, dass auf der beschaulichen Gerlinger Schillerhöhe, dem Unternehmenssitz von Bosch, nun eine härtere Gangart eingelegt wird.

Alexander Missal