Die Reformen im deutschen Gesundheitswesen bringen einer Studie zufolge mehr als ein Drittel der Kliniken in Bedrängnis. "Wir glauben nicht, dass Häuser mit über 700 Betten auf Dauer bestehen können", sagte Rainer Salfeld, Direktor bei der Unternehmensberatung McKinsey, bei der Vorstellung der Studie "Perspektiven der Krankenhausversorgung in Deutschland". "Die Regel je größer desto besser hat ausgedient."
Im Zuge der Einführung der Fallpauschalen hätten mehr als ein Drittel der Kliniken mit Preisverfall zu kämpfen. "15 bis 20 Prozent der Krankenhäuser werden ab 2009 verschwinden", schätzt Elmar Willebrand, Geschäftsführer des privaten Klinikbetreibers Asklepios, zu dem gut 90 Kliniken gehören. Dem deutschen Krankenhausmarkt stehe ein weiterer drastischer Umbau bevor mit zusätzlichen Schließungen oder neuen Zusammenschlüssen und zunehmender Spezialisierung, hieß es in der Studie, in der der rund 1600 Akutkrankenhäuser in Deutschland analysiert wurden.
Kliniken müssen Kosten weiter senken
Das Fallpauschalengesetz sieht die schrittweise Umstellung der Vergütung von der Einzelleistungserstattung auf einheitliche Honorare für Behandlungen, unabhängig von der Verweildauer im Krankenhaus, bis spätestens 2009 vor und stellt die deutschen Krankenhäuser der Studie zufolge vor die "schwierigsten Herausforderungen der Nachkriegszeit". Die Einführung der Fallpauschalen erfordere von den Kliniken weitere erhebliche Kostensenkungen von rund fünf Milliarden Euro.
Zwar hätten bereits viele Kliniken große Anstrengungen unternommen, ihre Kosten zu senken, es sei aber fraglich, ob es den weniger effizienten Krankenhäusern gelinge, Einsparpotenziale zu heben. "Die öffentlich-rechtlichen Träger müssen sich verändern und die Krankenhäuser besser führen. Wenn sie das nicht können, müssen sie die Häuser abgeben", sagte Salfeld. Profiteure von dieser Entwicklung sind die privaten Klinikbetreiber, deren Marktanteil derzeit bei rund zwölf Prozent liegt.
Klein und spezialisiert
Beste Zukunftsaussichten hätten spezialisierte Kliniken mit bis zu drei Fachrichtungen und rund 150 Betten, Allgemeinkrankenhäuser mit einem breiten Leistungsspektrum und 200 bis 400 Betten sowie Häuser der Schwerpunkt- und Maximalversorgung mit 500 bis 700 Betten. Selbst diese dürften künftig nicht mehr als 700 Betten benötigen. Grund ist unter anderem die sinkende Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern, die 1995 im Schnitt noch bei 11,4 Tagen lag und inzwischen auf sechs bis acht Tage gefallen ist.
In den vergangenen Jahren haben laut McKinsey viele deutsche Krankenhäuser bereits erhebliche Produktivitätsfortschritte erzielt. So kommen in den besten Kliniken rein rechnerisch auf jeden Angestellten 80 Patienten. In weniger leistungsfähigen Häusern liegt dieses Verhältnis bei 1 zu 21. Vorbilder für effizienteres Arbeiten haben Krankenhausmanager auch außerhalb ihrer Branche gefunden. So entwickelte McKinsey in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche einen Lean-Management-Ansatz für die Universitätsklinik Freiburg, der aus dem Automobilbau stammt. Im Mittelpunkt stehen dabei patientenzentrierte Abläufe statt eines starren Abteilungsdenkens. Klinische Behandlungspfade legen die Prozesse für den Ablauf des stationären Aufenthalts fest und erhöhen dadurch die Transparenz für alle Beteiligten. Dies führt in der Regel zu kürzeren Verweildauern, einer besseren Planung der Arbeitsabläufe auf den Stationen, weniger Bürokratie und dem Wegfall unnötiger und teurer Leistungen.