Editorial Eine Hand wäscht die andere

Liebe stern-Leser! Der Bauunternehmer tat sehr geheimnisvoll, bat um einen Termin

Liebe stern-Leser! Der Bauunternehmer tat sehr geheimnisvoll, bat um einen Termin und kam dann gleich zur Sache: 30 000 Mark bar auf den Tisch, wenn seine Tochter einen der begehrten Plätze an der Henri-Nannen-Journalistenschule bekäme. Als die Schulleiterin Ingrid Kolb ablehnte und auf das strenge Auswahlverfahren verwies, verstand der Mann aus Niedersachsen die Welt nicht mehr: „Das können wir doch unter uns regeln. So läuft das doch überall…“

Das ist leider wahr. Vor allem in der Baubranche ist Bestechung inzwischen offensichtlich so normal wie der Stimmenkauf im alten Rom. Unrechts-bewusstsein? Fehlanzeige. Eine Hand wäscht die andere, und den Schaden hat der Steuerzahler. Der stern hat diese Woche Ermittlungsakten des Bundeskriminalamtes ausgewertet und daraus am Beispiel der Müllverbrennungsanlage in Rostock rekonstruiert, wie mit Hilfe von Spitzenbeamten, Parteispezis und alten DDR-Kadern öffentliche Aufträge über viele Millionen Mark gehändelt wurden (Seite 28 in der Printausgabe). Kein Wunder, dass Deutschland auf dem internationalen Korruptions-Index von Jahr zu Jahr immer höher steigt. „Vielleicht den größten Schaden richtet die Tatsache an, dass die deutsche Justiz die zahlreichen Korruptionsskandale oft nur sehr zögerlich angeht“, sagt Michael Wiehen, der Vorsitzende der deutschen Sektion von Transparency International, einer nichtstaatlichen Organisation, die jährlich solche Listen erstellt. Was tun? Als Erstes müssen die Parteien mit gutem Beispiel vorangehen und ihre eigene Finanzierung blitzsauber regeln. Dazu gehört, dass die Namen sämtlicher Spender veröffentlicht werden müssen und Manipulationen mit Gefängnis bestraft werden. Sodann muss der Bundestag endlich ein Gesetz beschließen, wonach korrupte Firmen künftig von allen öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Das ist die wirksamste Strafe für Schmiergeld-Unternehmer. Ausgezeichnet. Unser Medizin-Redakteur Christoph Koch hat den „Medienpreis der Deutschen Allergologenverbände“ bekommen für seine Titelgeschichte „Allergie – zwischen Hysterie und Massenleiden“ im stern Nr. 18/2001. Die Jury wertete den Bericht als „herausragende journalistische Arbeit, die dazu beigetragen hat, das Wissen der Öffentlichkeit über die Bedeutung, Vorbeugung, Diagnostik und Therapie bei der Volkskrankheit Allergie zu verbessern“. Professor Johannes Ring, einer der bedeutendsten deutschen Allergieforscher, überreichte den Preis vergangene Woche auf dem Allergologen-Kongress in Bochum. Diplom Humanbiologe Koch, 35, ist einschlägig erfahren: Im Mai begeht er sein 30-jähriges Heuschnupfen-Jubiläum. Da er jedoch immer fachgerecht behandelt wurde, sind ihm Bronchitis, Asthma und ähnliche Übel erspart geblieben.

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn