1972 begann seine Karriere im Glam-Rockhimmel mit Aufnahmen des damals noch kaum bekannten David Bowie. Zwei Jahre lang war Mick Rock der offizielle Fotograf von Bowie, begleitete Aufstieg und Fall von Ziggy Stardust und nahm Werbefilme, Cover, Poster und Backstageszenen auf. Die Laufbahnen von Mick Rock und David Bowie sind dicht verschlungen. So passt es auch, dass das Vorwort zu Rocks zweisprachigem Prachtband "Blood & Glitter" sowie einige Zitate darin von Bowie stammen: "I mean not one artist, one song has ever changed this world. The artist doesn't exist. He's strictly a figment of the public's imagination." Der Fotograf Mick Rock baut mit am Image der Stars, ist Spiegel vieler Gesamtkunstwerke der 70er Jahre und trägt mit seinen Bildern deren Inszenierungen weiter - über Jahrzehnte hinweg.
Wer heute diese Bilder betrachtet, wird unmittelbar zurückgerissen in die Zeit des Glam Rock: Heißes Blut pulsiert unter den schillernden Pailettenkostümen und Lackjäckchen; bizarre Grimassen brechen durch die pfundschwer geschminkten Gesichter. Dem exzessiven Inhalt dieser Bilder entsprechend ist auch die Form des Fotobandes: Er ist wuchtig, großformatig und in einem glänzenden Pappschuber verpackt. Das Layout ist großzügig gestaltet. Die oft großformatigen Bilder knallen dadurch umso mehr ins Auge.
Schlüsselbilder der Popgeschichte
Viele davon sind Schlüsselbilder der Popgeschichte: Syd Barrett sitzt mit nacktem Oberkörper neben dem Plattenteller, emotionslos stiert er in Rocks Kameraauge, das von weit oben auf ihn herunterblickt. Einige Motive aus diesem Shooting finden sich auf dem Cover und im Booklet zu Syd Barrets "The Madcap laughs". Auf einem anderen Bild bewegt sich Debbie Harry vor himbeerrotem Hintergrund, der eine Nuance heller ist als ihr knallroter Lippenstift. Dieses Foto wählte der Musikjournalist Lester Bangs für das Cover seines Blondie-Buches.
Das Buch
Mick Rock: Blood & Glitter
Fotografien aus den siebziger Jahren
Hardcover im Schmuckschuber, Großformat von fast DIN A 3
Englisch/Deutsch; 99,90 Euro
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin
Spannend und überraschend ist auch das Bild, das Rock 1979 für die Weihnachtsausgabe der Zeitschrift "High Times" von Andy Warhol geschossen hat: Der Künstler steht im Weihnachtsmannkostüm Seite an Seite mit dem Schriftsteller Truman Capote. In der Hand hält der betrunkene Capote einen überdimensionalen Lutscher, zwischen den beiden klemmt der Dackel Archie.
Intensive Porträts der Stars
Neben vielen bekannten Fotos findet sich in "Blood & Glitter" auch bislang unveröffentlichtes Material, darunter Partyfotos und ruhigere Aufnahmen hinter der großen Inszenierung. Schwarz-weiße Backstagebilder wechseln mit bizarren Bühnenszenarien in psychedelischen Farben und intensiven Porträtaufnahmen der Stars. Ergänzt wird der Bildband durch Zitate vom Fotografen und zahlreichen Glam-Rock-Größen.
Die Bilder von Mick Rock haben sich feste Plätze in vielen Plattensammlungen gesichert. Rock hat die legendären Cover für Iggy Pops "Ray Power", das zweite Album von Queen und Lou Reeds "Transformer" fotografiert. Ende der 70er Jahre zog der in London geborene Rock nach New York und war von diesem Moment an mit seiner Kamera dicht an den Größen der brodelnden Szene, darunter den Ramones und Blondie. Seine kraftstrotzenden Bilder machen deutlich, dass Rock nicht nur geduldeter Voyeur der Glamszene war, sondern selbst in ihrem Innern gelebt hat.
Nach dem Eintauchen in "Blood & Glitter" nickt man bekräftigend zu den Worten David Bowies: "Frankly, reading about rock bores me stiff." Denn Rock muss man hören, spüren und sehen - letzteres am besten durch die Augen von Mick Rock.
Sabina Riester