Inka Franz, 43,
Hausfrau und Mutter einer elfjährigen Tochter, lebt in München. Sie ist ver-heiratet mit Uwe, 43, Manager in einem Unternehmen
"Wenn ich meinen Mann beim Seitensprung erwischen würde, würde die Tussi nach einer Ohrfeige null Komma nichts nackt vor der Haustür stehen - und er samt Koffer gleich daneben. Ich würde ihn finanziell ruinieren. Verzeihen? Niemals. Damit würde ich mir doch selbst einen Strick drehen: Jeden Tag müsste ich nervös auf die Uhr schauen, wenn er mal eine halbe Stunde später käme. Eifersüchtig war ich immer schon. Wenn ein Sekretärinnenposten neu besetzt werden sollte, musste mein Mann mir die Bewerbungen zeigen. Ich habe Nächte durchwacht. Nicht aus Verlustangst, sondern weil ich mich selbst bemitleide, weil er einen schönen Abend hat und ich nicht. Da bleibe ich dann wach, bis er kommt. Und frage sofort nach: Was sie getrunken haben, was die Frauen anhatten. Es tut ihm schon weh, dass ich ihm nicht vertraue, aber ich vertraue mir selbst ja auch nicht."
"Liebe ohne Eifersucht", hat der texanische Psychologieprofessor David Buss vor zwei Jahren dekretiert, "ist keine Liebe." Buss und einige Kollegen wollen aus der Biologie des Menschen heraus erklären, warum jeder Mensch, egal aus welcher Kultur, Eifersucht empfinden kann. Neuere Studien belegen: Bei allen Völkern werden Partner sexuell und emotional monopolisiert, gerät man über deren (vermeintliche) Untreue in höchste Rage oder versinkt in Depression. Eifersucht fällt damit in die Klasse der "human universals", wie Angst, Hass oder Zorn.
Buss und seine Mitstreiter suchen den Grund dafür in der menschlichen Stammesgeschichte. Sie sind Evolutionspsychologen, Vertreter einer jungen Forschungsrichtung, die unsere Emotionen und Instinkte als Produkte darwinscher Selektion erklärt. Unter dieser Annahme lässt sich ein stringentes Erklärungsmodell für die Eifersucht bauen. Die, sagt Buss, sei eine sinnvolle evolutionäre Anpassung.
Der Schlüssel zur Eifersucht
liegt in einer für jeden Biologen vollkommen banalen Einsicht: Sexualität dient der Fortpflanzung. Die erotische Liebe entstand als Gehilfin des Selbsterhaltungsprogramms unserer Gene. Angenehme Nebenwirkungen sind dadurch nicht ausgeschlossen. Sie sind sogar erwünscht. Ohne Belohnung tut der Mensch nichts.
Die komplexe Fortpflanzungsstrategie des Menschen stellt besondere Herausforderungen: Eine davon liegt in der im Verborgenen stattfindenden Befruchtung der Eizelle. Eine weitere ist der ungeheure Aufwand und Ressourcenverbrauch, den unsereiner (im Gegensatz zum, sagen wir, Karnickel) treibt, um den Nachwuchs großzuziehen. Darin liegt ein Dilemma für das Homo-sapiens-Männchen. Wenn es nicht aufpasst, dass sich während der fruchtbaren Tage seiner Partnerin einzig und allein seine eigenen Spermien auf den Weg zu deren Eizelle machen können, dann ist es möglich, dass es fortan jahrelang jagt und sammelt, um ein Kuckuckskind zu mästen. Das ist in Bezug auf den Erhalt der eigenen Gene - dem letztlichen Seinszweck eines biologischen Organismus - äußerst ärgerlich.
Daher geht die evolutionär-psychologische Theorie davon aus, hierin eine gute Begründung für die männliche Eifersucht gefunden zu haben. Bei einigen Säugetierspezies äußert sich das Prinzip darin, dass ein neuer männlichen Partner die Kinder seiner Partnerin "aus erster Ehe" tötet, damit alle Ressourcen zur Pflege der eigenen Brut genutzt werden können.
Während also Männern
in der Tiefe ihrer Psyche die Vorstellung, ihre Partnerin könnte sexuell untreu sein (feindliche Spermien!), größtes Unbehagen verursachen sollte, geht die evolutionspsychologische Theorie davon aus, dass Frauen sich mehr vor der emotionalen Untreue des Partners fürchten. Sie sollten demnach eher gewillt sein, einen Seitensprung zu verzeihen als die Tatsache, dass der Gatte eine tiefe Seelenfreundschaft zu einer anderen Frau entwickelt. Darin nämlich liegt die Gefahr, dass der Mann die gemeinsamen wirtschaftlichen Ressourcen in andere Kanäle lenkt: etwa, um für seine Geliebte ein Apartment anzumieten oder Pelzmäntel zu kaufen, statt den ehelichen Kindern das Studium zu finanzieren.
Buss und seine Kollegen wollen durch viele Befragungsexperimente diesen Wesensunterschied zwischen weiblicher und männlicher Eifersucht bewiesen haben. Doch gerade darum tobt zurzeit ein erbitterter Streit. Einig sind sich die meisten neueren Forschungen indes im Grundsätzlichen: Eifersucht ist eine normale menschliche Regung, kein pathologischer Zustand. Denn kann man einem Partner, der niemals auch nur die geringste Eifersuchtsregung zeigt, auch trauen?