Das hat Hillary Clinton, 67, wirklich gut erkannt. "Mein Leben", sagte die Präsidentschaftskandidatin einmal vor Journalisten in Washington, "mein ganzes Leben war eine Ansammlung von Neuanfängen." Auch jetzt wieder: Neues Enkelkind, neuer Email Account, neue Challenge und neuer Cut. Schon wieder!
Das Leben von Hillary Diane Rodham Clinton war nämlich vor allem eines - die Jagd nach der perfekten Frisur. Es war der Wunsch, es allen recht zu machen, zu gefallen, sich anzupassen an gängige Moden, die meistens nicht einmal die ihren waren. Es war die Hoffnung, mit Ponyfransen oder Locken im Princess-Diana-Style zu zeigen: Ich bin gar nicht so ehrgeizig, so zickig wie ihr denkt. Ich bin nur ein durchschnittlich hübsches Mädchen, das einen überdurchschnittlich gutaussehenden Jungen liebt! Es war wie Barbra Streisand und Robert Redford in "The Way we Were". Hillary Clinton war intelligent, schnell, sensibel, sie hatte Humor. Aber genau deswegen spürte sie auch zeitlebens: Das reicht nicht! Die Welt will schöne Menschen. Sie hatte zwar Haare, aber sie brauchte eine Frisur. So begann ihr Trial and Error.
Hillarys wurzeltiefe Coiffeur-Psychose
Schon bei der Hochzeit mit Bill ging das los. Er hatte sie lang und glatt kennengelernt, vorm Friedensrichter stand plötzlich ein Wuschelkopp. Sie operierte als junge Mutter mit angeschnittenem Bob und Strähnchen. Als im Fernsehen "Dallas" lief, sah sie aus wie Sue-Ellen, die Frau von J.R. Ewing. Wenn gar nichts ging, knödelte sie ihre Sauerkrautlocken am Hinterkopf zusammen und lachte groß um vorn vom Hinten abzulenken. Und als Bill, der immer ein viel schlechterer Jurist gewesen war als sie, als der plötzlich Senator von Arkansas wurde, ließ sie sich eine Plätzchenfrisur hinzaubern, von der sie dachte, die Wähler denken: Das gehört sich so für eine Senatorenfrau. Was für ein Unglück! Die Unzufriedenheit in ihr spiegelte sich immer auch auf ihrem Kopf wider. Wo andere bloß einen Bad-Hair-Day haben, hatte Hillary alsbald eine wurzeltiefe Coiffeur-Psychose.
Als herauskam, dass er sie betrog oder betrogen hatte, schnitt sie alles ab und zeigte die Verletzung. Oder sie ließ drauf los wachsen, drehte ihr Haar auf dicke Wickler, toupierte es, und machte auf Big Hair. Es waren Frisuren so breit, wie die Schulterpolster, die sie damals in den 80ern trug. Sie wollte nicht abgelegt sein, wollte schön sein, präsent. Und jung. Das waren die Protestlooks, die Verzweiflungs-Looks der Hillary Clinton. Dann wollte er Präsident werden. Für sie hieß das: Samtene Haarreifen. Das war nicht mehr nur der Versuch, sich selbst zu optimieren. Das war schon Vergewaltigung. Sie gab obenrum für seinen Sieg eine Hockey-Mom, die sie nicht war, und eine artige, kleine Gattin, die sie nie sein wollte. Eine, die Chocolate-Chip-Cookies backen kann, wie alle dauergewellten Amerikanerinnen des Mittleren und Gröberen Westens der USA. Bei der Inaugurations-Feier trug sie dann das kunstvoll gewobene Nest eines Webervogels am Hinterkopf. Bisschen Farah Diba kann nicht schaden, dachte die First Lady wohl. Es war wieder nicht die Hillary Clinton.
Hillary Clinton auf der Suche nach sich selbst
Sie hat es mit imponierenden Prachtmähnen versucht, als sie Außenministerin war, aufgeföhnt wie ein Pavian-Männchen beim Angriff. Shock and Awe. Und wenn ihr die Föhnerei bei ermüdenden Besuchen in Kiew und Peru, bei nächtlichen Konferenzen in Brüssel und Lagos zu viel war, zwiebelte sie die Strähnen einfach mit einer Zwicke auf den Kopf, so straff, dass gleich alle Falten mitverschwanden. Oder Madame Secretary band sie mit einem glitzernden Tüddelband zusammen, wenn sie mit Despoten sprach, was ihr nicht immer die nötige Autorität verlieh. An Hillary Clintons Frisuren kann man das Leben einer Frau ablesen, die rasend auf der Suche nach sich selbst war; die ihre Mitte nie fand und ihre Möglichkeiten nicht finden durfte.
Als sie ihre Kandidatur bekannt gab, trug sie ein neues Blond. Aber das war es dann auch. Keine Experimente, solider Schnitt, ein bisschen wie Merkels in modisch. Und jetzt, nach ihrer offiziellen Nominierung, ist Hillary Clinton frisurtechnisch endlich bei sich angekommen. Völlig unaufgeregt.
Ja, so kann sie Präsidentin werden!