Der im Enthüllungsskandal des Vatikans angeklagte Kammerdiener des Papstes ist nach fast zwei Monaten aus der Haft entlassen worden. Dies teilten der Anwalt von Paolo Gabriele und Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Samstag übereinstimmend mit. Gabriele stehe nach einer Entscheidung des vatikanischen Untersuchungsrichters Piero Bonnet nur noch unter Hausarrest. Der 46-jährige Gabriele kehrte nach der Entscheidung in die Wohnung seiner Familie im Vatikan zurück. Sollte er wegen Diebstahls päpstlicher Geheimdokumente verurteilt werden, drohen dem Vater von drei Kindern bis zu sechs Jahre Haft.
Eine von Benedikt XVI. eingesetzte Kommission der Kardinäle, die die Hintergründe der "Vatileaks"-Affäre im Vatikan untersucht, hat unterdessen ihre Befragungen und Nachforschungen abgeschlossen und dem Papst berichtet. "In einigen Tagen geht die Prüfung der Vorwürfe gegen den Kammerdiener in eine wichtige Phase", erläuterte Lombardi. Der Untersuchungsrichter werde entscheiden müssen, ob Gabriele wegen schweren Raubes vor Gericht gestellt werden soll oder nicht.
Kammerdiener will "aus Liebe zum Papst" gehandelt haben
Gabrieles Anwalt Carlo Fusco versicherte, sein Mandant habe alleine gehandelt und sei nicht Teil eines größeren Komplotts gewesen. "Wir können mit absoluter Sicherheit sagen, dass es kein Netzwerk gab, keine Verschwörungen - weder im Vatikan noch außerhalb - denen Paolo angehörte", sagte Fusco. Gabriele sei es darum gegangen, die katholische Kirche "lebendiger" zu machen, er habe aus "Liebe" zum Papst gehandelt. Mittlerweile habe Gabriele den Wunsch geäußert, den Heiligen Vater um Verzeihung für seine Taten zu bitten. Viele Beobachter gehen allerdings davon aus, dass Gabriele, der dem Papst unter anderem sein Essen servierte, nicht allein tätig sein konnte.
Der Kammerdiener, der seit 2006 Benedikt XVI. gearbeitet hatte, soll eine Reihe vertraulicher Dokumente entwendet haben, die dann durch Medien publik wurden. In den vergangenen Monaten waren mehrere teils brisante Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangt, so zu einem angeblichen Mordkomplott gegen Benedikt oder über das umstrittene Finanzgebaren der Vatikanbank. Gabriele kann nach Medienberichten mit einem milden Urteil rechnen, Benedikt ihn nach einer Verurteilung auch begnadigen.