Erik M. Henkels gesamtes Leben dreht sich aktuell um Besichtigungen. In den letzten zwei Wochen hat er sich zehn Wohnungen angesehen, im Schnitt eine pro Werktag. Doch der 43-Jährige und sein Kater Merlin finden nichts. Der Grund: Die meisten Vermieter in der Region Ravensburg wollen keine Haustiere in ihren Objekten haben, in den Inseraten wird das explizit erwähnt. Wenn Tiere doch mal erlaubt sind, ist der Andrang groß, berichtet der Ergotherapeut.
Manchmal schaut er sich schon morgens vor der Arbeit Wohnungen an, aber auch nach Feierabend oder am Wochenende. Die Planung seiner Freizeit gestaltet sich dadurch schwierig. Wenn er sich spontan eine Wohnung ansehen darf, muss er Verabredungen wieder absagen. Im Gespräch mit Freunden und Kollegen ist die Suche sein Thema Nummer 1.

Manche reagieren inzwischen wenig verständnisvoll. Im Bekanntenkreis bekam er schon zu hören: "Dann gib halt die Katze weg. Wär das nicht auch eine Option?"
Doch das kann und will er nicht. Drei Monate war der kleine Merlin alt, als er bei Erik eingezogen ist. Er wurde mit der Flasche in einer Auffangstation aufgezogen und ist deshalb sehr auf Menschen fixiert. Wenn Erik nicht zuhause ist, verweigert seine Katze das Essen. Nicht selten sitzt der kleine Kater bei Erik auf der Schulter. Wenn der Ergotherapeut Gitarre spielt, versucht Merlin, mit den Pfoten auf den Saiten mitzuspielen.
Für seinen Kater hat Erik extra eine Privathaftpflichtversicherung bis zwei Millionen Euro Schadenshöhe abgeschlossen. Doch auch das konnte Vermieter bisher nicht überzeugen. Ewig so weitergehen wie jetzt kann es aber nicht. Merlin ist nachtaktiv und möchte mehrmals die Nacht rein- und rausgelassen werden aus der Wohnung im ersten Stock. Für Erik M. Henkel bedeutet das: teilweise sechs Mal aufstehen pro Nacht. Eine Wohnung im Erdgeschoss oder Souterrain würde seinen Schlaf deutlich verbessern.
"Warum wollen Sie umziehen?" Die Antworten auf diese Frage sind so vielfältig und spannend wie der Wohnungsmarkt selbst. In dieser Serie lässt der stern jede Woche Menschen erzählen, warum sie eine neue Wohnung suchen.
Dabei hat er gar keine großen Ansprüche, wie er sagt. Nicht weiter weg als 25 Kilometer bis zu seiner Arbeit, nicht teurer als 1000 Euro warm für zwei Zimmer. Und natürlich: Haustier erlaubt.

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Eine Dämmung, neue Fenster oder ein modernes Bad kommen erst weiter unten auf seiner Liste. "Vier Wände wären schön, aber nicht zwingend", sagt Erik und lacht.
Sein Tier verschweigen oder sich verstellen, will Erik hingegen nicht. Er erzählt von einer Bekannten, die hat ihren russisch klingenden Vornamen Jelena während der Wohnungssuche zu Lena abgekürzt, weil sie sich so bessere Chancen versprach.
Erik M. Henkel hofft da auf andere Hilfe: "Ich bin halt Christ und glaube, Gott hat Himmel und Erde geschaffen, und wird das auch mit einer Wohnung für mich hinkriegen."
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