Alles sollte spontan aussehen, dabei war die Sache natürlich minutiös geplant. Auch der Menschenauflauf vor einem Späti im Berliner Stadtteil Friedrichshain war einkalkuliert, inklusive zweier Polizeiwagenbesatzungen, die nach dem Rechten sahen. In dem Mini-Getränkeladen selbst machte sich an jenem Abend zu Beginn des Sommers das Trance-Musikduo DJ Heartstring an die Arbeit, das Mischpult auf der Eistruhe. Den Auftritt hatten sie angekündigt – nicht aber, dass sich nach kurzer Zeit die Jahrtausendwende-Superhit-Girlband Sugababes dazugesellen würde. Dafür, dass der überraschende Gig kein Lokalereignis blieb, sorgten Tiktoker aus etlichen Ländern, die den Auftritt auf der Social-Media-Plattform live streamten.
Das Ganze war ein Coup, völlig klar – aber weniger ein musikalischer als einer des ausgefeilten Marketings, der perfekten Werbung. Denn hinter dem Auftritt steckte die Deutsche Telekom. Sie hatte nicht nur die Künstler eingeflogen, sondern auch die Influencer, die auf Youtube, Instagram und Tiktok in zehn europäische Länder übertrugen: jene, in denen die Firma mit dem großen T Handyverträge verkauft. Telekom-Markenchef Ulrich Klenke freut sich noch Wochen danach diebisch über die Aktion: Mehr als 216 Millionen Mal hätten Menschen den Auftritt gesehen und dabei nach Klenkes Einschätzung die Telekom positiv wahrgenommen, die als Absender mehr oder weniger dezent bemerkbar gewesen war.

Seit rund fünf Jahren baue die Telekom ihr Influencermarketing systematisch aus, berichtet Klenke. "Wir nutzen Menschen, um unserer Marke etwas hinzuzuaddieren", erklärt er und meint damit nicht nur Musiker, sondern eben auch Social-Media-Persönlichkeiten mit vielen Fans, die vermitteln, was die Telekom ausstrahlen will: Vertrauen, Nahbarkeit, Modernität.
Eine neue Werbebranche
Noch vor wenigen Jahren hätte ein Konzern wie die Telekom sein Werbegeld großteils für Fernsehspots ausgegeben. Das ist vorbei.