Sara ist dreißig, sie ist müde, langweilig und frustriert: Sie ist von einer lebenslustigen, hungrigen, erfolgreichen jungen Frau zur "Bitterfotze" mutiert. "Die Familienhölle hat mir jegliche Energie genommen, ich bin voller emotionaler Schmutzflecke." Denn das "Mutterwerden ist das Bitterfotzenbeschleunigendste überhaupt." Zur Erholung vom grauen Kita-Alltag und schlaflosen Baby-Nächten fliegt Sara für eine Woche Pauschalurlaub auf Teneriffa. Und analysiert, mit Erica Jongs "Angst vorm Fliegen", dem Bestseller der Frauenbewegung im Gepäck, ihre eigene freudlose Beziehung, die Gleichberechtigung und die Rolle der Frau im allgemeinen.
Sara ist die Erfindung von Maria Sveland, einer schwedischen Journalistin, 35, verheiratet, Mutter von zwei Kindern. In Schweden war ihr Roman ein Bestseller, der provokante Titel ihre Selbstverteidigung: "Sowohl 'verbittert' als auch "Fotze" sind beides Wörter, die von Männern genutzt werden, um Frauen und Mädchen zu diffamieren. (...) Ich habe mein Buch also so genannt, damit es niemand anderes tut."
Ihre Kernthese: Die Emanzipation ist an Partnerschaft, Familie und Sozialleben nahezu spurlos vorbei gegangen. Frauen sind immer noch die, die bei Partys klaglos den Tisch abräumen, während ihre Männer selbstverständlich sitzen bleiben und die wirklich interessanten Themen erörtern. Mütter sind diejenigen, die vor Sehnsucht und Schuldgefühlen fast umkommen, wenn sie ihr Kind ein paar Tage allein lassen, während die Väter unbeschwert und sorglos wochenlang beruflich unterwegs sind. Und berufstätige Frauen profitieren zwar von Kita und Betreuungsmöglichkeiten, bleiben aber jederzeit zu Hause, wenn die Kinder krank sind und sorgen weiterhin, wie sie es schon immer getan haben, für Geburtstagsfeste und Familienzusammenhalt. Oder mit Svelands Worten: "Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau mit müden Beinen und Migräne. Und hinter jeder erfolgreichen Frau liegt eine Scheidung."
"Bitterfotze" ist Reaktion auf kranke Gesellschaft
Eine "Bitterfotze" sei eine Frau wie Sara, "die die Schnauze voll hat, die ihren Ärger ernst nimmt und ihn nutzt, um Ungerechtigkeiten konstruktiv entgegenzutreten. Ihr geht es darum, sich zu wehren und nichts mehr einfach so hinzunehmen. Sie ist eine Reaktion auf eine kranke Gesellschaft", sagt Sveland in einem Interview. Ihr Buch ist wütend, manchmal hilflos, aber immer ehrlich.
Einziges Manko: Die etwas rührselige Geschichte von Saras Kindheit zwischen einer gedemütigten Mutter und einem ständig betrunkenen Vater wäre zur psychologischen Unterfütterung gar nicht nötig gewesen. Denn ihre Beobachtungen sind von allgemeiner Gültigkeit: Die Mütter von heute haben sich zwar mühsam das Recht, auf einen eigenen Beruf erstritten, aber sie haben immer noch die moralische Pflicht der sozialen Fürsorge. Sie haben die Möglichkeit zu arbeiten, sind aber gleichzeitig finanziell immer noch schlechter gestellt als ihre Männer. Und in der Regel besteht ihre Emanzipation darin, dass sie zum seelischen Wohlbefinden etwas arbeiten, ansonsten aber Küche, Kinder, Krankheiten wie in den vergangenen Jahrzehnten einfach zusätzlich versorgen.
Die Gleichberechtigung fängt in der Partnerschaft an, propagiert Sveland. Sie muss eingefordert und erstritten werden. Doch zwischen theoretischem Anspruch und Umsetzung lässt sie ihre Protagonistin Sara bereits das emotionale Dilemma erkennen: "Ich will auch lieben können, ohne mich schuldig zu fühlen, genau wie die Männer. Ja, ich möchte den Kuchen behalten und ihn gleichzeitig aufessen. Ich möchte arbeiten können, reisen, hin und wieder allein und Mutter eines geliebten Kindes sein." Alles kann man nicht haben, hätte Saras Mutter dazu gesagt. Und Maria Svelands kleine Streitschrift ist die Antwort darauf: Der Appell, es trotzdem zu versuchen!