Mit attraktiven und teils äußerst preisgünstigen Offerten versuchen die Verlage, Leser an sich zu binden und zusätzliches Geld zu verdienen. Denn seit die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft vielerorts nicht mehr so reichlich sprudeln wie früher, ist Einfallsreichtum gefragt.
Schon seit Jahren pflegen einige Blätter das Merchandising von Produkten, die sie mit ihrem Titelnamen verknüpfen. Eigene CD-Editionen, Kochbücher oder T-Shirts finden sich im Internet, wenn der jeweilige "Shop" angeklickt wird. Zusätzlich gab es in diesem Jahr aber auch einige Aktionen, die für besonderes Aufsehen sorgten.
Enorme Resonanz auf "SZ-Bibliothek"
So landete die "Süddeutsche Zeitung" im Frühjahr 2004 einen literarischen Coup. Mit der "SZ-Bibliothek" brachte der Verlag im Wochenrhythmus große Romane des 20. Jahrhunderts in die Buchläden - bis Ende Februar 2005 insgesamt 50 Bände zum Einzelpreis von 4,90 Euro. Die Resonanz war enorm. Schon eine Woche nach dem Start am 20. März hatten 30.000 Leser die komplette Reihe abonniert, zum Gesamtpreis von 196 Euro. Mittlerweile hat sich die Zahl der Abonnenten auf etwa 72.000 erhöht, verkauft wurden bis Mitte Dezember knapp 7,7 Millionen Bücher.
Ein halbes Jahr nach der "SZ" kam die "Bild"-Zeitung mit einer eigenen Buchreihe heraus. Gemeinsam mit der Verlagsgruppe Weltbild bietet Europas auflagenstärkste Tageszeitung in der "Bild Bestseller-Bibliothek" 25 Romane aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für 4,99 Euro pro Band an. Trotz der starken Nachfrage betont der Verlag, dass es bei der Aktion weniger um ein Zusatzgeschäft als um die Imagepflege gehe. Wirtschaftlich stehe "Bild" besser da denn je. Am 15. November starteten "Bild" und Weltbild den Verkauf einer illustrierten und reichlich ausgestatteten "Volksbibel" zum Preis von 9,95 Euro. Das 2,5 Kilogramm schwere "Buch der Bücher" mit einer Auflage von 250.000 Exemplaren war beim Verlag schnell ausverkauft. Und "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann konnte dem Papst bei einer Privataudienz ein Exemplar überreichen.
60.000 Lexikon-Abonnenten bei der "Zeit"
Ein weiteres Großprojekt stellte der Hamburger Zeit-Verlag auf die Beine. Abonnenten und Käufer der Wochenzeitung "Die Zeit" erhielten mit der Ausgabe vom 11. November kostenlos Band 1 eines 20-bändigen Lexikons. In jener Woche erreichte die Auflage, die sonst bei 455.000 liegt (IVW 3/04), mit 581.000 Exemplaren den höchsten Stand seit Gründung des Blattes. In den Wochen danach, als pro Lexikonband 14,90 Euro zu zahlen waren, normalisierten sich die Verkaufszahlen wieder. Aber bis Mitte Dezember hatte der Verlag 60.000 Lexikon-Abonnenten gewonnen.
Auch der stern setzte seinen Namen für "Sternstunden der Filmgeschichte" ein - zwölf Film-Klassiker auf DVD in zwei Paketen zu je 49,90 Euro. Ebenso wie die Bibliotheken von "Bild" oder "SZ" können sie beim Verlag bestellt oder im Einzelhandel gekauft werden.
"Klavier Kaiser" stellt 14 Pianisten vor
Das gilt auch für eine weitere Aktion, mit der die "SZ" ihre spezielle Kompetenz auf dem Fachgebiet klassischer Musik zum Tragen bringt. "Klavier Kaiser" setzt auf das hohe Ansehen, das der Musikkritiker Joachim Kaiser genießt. Legendäre Aufnahmen von 14 großen Pianisten werden auf 20 CDs (Preis: 98 Euro) vorgestellt und von Kaiser kommentiert. Parallel zur CD-Edition druckt die "SZ" Kaisers Kommentare in ihrem Feuilleton.
Eine ungewöhnliche Aktion hat sich auch die Frauenzeitschrift "Brigitte" einfallen lassen. Ihrer am 22. Dezember erschienenen Ausgabe ist ein Reclam-Bändchen beigeheftet: die Erzählung "Die Marquise von O..." von Heinrich von Kleist (1777-1811). Die vom Reclam-Verlag hergestellte Sonderausgabe ist als zusätzlicher weihnachtlicher Lesestoff zum "Brigitte"-Titelthema "Die Sehnsucht nach der großen Liebe" gedacht.