Essay Die Macht macht's

Die Filme haben das Kino, ach was, die Welt verändert. Doch was soll "Star Wars" eigentlich sein? Religionsersatz? Mythen-Tuttifrutti? Wunderbarer Quatsch? Ja!

Wenn wir mal ganz, ganz sachlich bleiben und ganz, ganz ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass "Star Wars" - um es vorsichtig zu sagen und nicht missverstanden zu werden von den Millionen, ach was, Trilliarden Fans in aller Welt - nicht wirklich ein richtig guter Film ist.

Aufheulendes Hohnlachen der Fans, die seit zwei Wochen vor den Kinos campieren, um als Erste die Premiere von "Die Rache der Sith" zu erleben, den Abschluss der zweifachen "Star Wars"-Trilogie - soso, Madame Superbescheidwisser, und die 3,4 Milliarden Dollar, die alle "Star Wars"-Filme bislang eingespielt haben, die wurden wohl von Vollidioten an die Kinokasse getragen, die einen guten Film nicht von einem Loch im Boden unterscheiden können?!

Nun, es ist, wie gesagt, ein nichtiger Einwand - aber "Star Wars", der erste der jetzt sechs Filme aus dem Hause Lucas über den Krieg von Gut und Böse im Weltall, ist nicht weniger und nicht mehr als die Erfindung des Popcorn-Kinos; ein durch und durch gefälliges, ästhetisch risikofreies Märchen, das Erwachsene als Publikum ignoriert. Es ging damals, hurra, um Verfolgungsjagden zwischen Sonnen und Planeten; um coole Duelle mit brummenden Lichtschwertern; es ging um zack, zack, boing, boing. Technisch brillant, unterhaltsam erzählt. Rührend, wenn man sich den Erstling von 1977 ansieht: Da spielen hellblaue Elefanten mit und sprechende Wiesel, es war ein wunderbarer Quatsch.

Nicht müde aber wurden Fans und Filmemacher zu betonen, dass dem Spaß tieferes Gedankengut zugrunde läge. Also: Zen-Weisheiten, ein archetypischer Vater-Sohn-Konflikt, eine mythologische Held-Prüfung-Situation. In George Lucas' Universum spiele sich Universelles ab, es finde sich in Yoda Buddha und jeder im Jedi…

Gut, nun für die paar, die heute noch keine Ahnung haben, worum es eigentlich geht: Die Jedi sind die Guten, die sich nicht von der "dunklen Seite der Macht" beeinflussen lassen; die "Macht" ist eine Mischung aus Intuition und Heiligem Geist. Berühmteste Gute: der Gummizwerg Yoda, rückwärts sprechen sein Merkmal ist, und sein Schüler Luke Skywalker. Wichtigster Böser: Darth Vader, Vater von Luke und dessen Zwillingsschwester Leia. Die erste Trilogie schildert die Rebellion der Guten gegen das böse Imperium; Darth Vader muss sterben. Die zweite Trilogie spielt chronologisch vor den drei älteren Filmen und erzählt vom Aufstieg und Fall des Bösewichts: wie aus dem netten kleinen Moppel ("Episode I - Die dunkle Bedrohung", 1999) ein aufbrausender Teenie-Jedi wird, der sich in eine kompliziert frisierte Senatorin verliebt ("Episode II - Angriff der Klonenkrieger", 2002). Am 19. Mai nun startet "Episode III - Die Rache der Sith", wo der Held der dunklen Macht erliegt, nicht ohne vorher die Senatorin mit den Zwillingen geschwängert zu haben.

In den USA hat ein Fan

- und praktizierender Buddhist - gerade ein Buch veröffentlicht, in dem er Lucas' unendliche Weiten mit Buddhas Lehren vergleicht. Sein Fazit: Das High-Tech-Fantasy-Epos und die Religion sind karmamäßig irgendwie eins. Ein anderer Amerikaner schreibt in "Christian Wisdom of the Jedi Masters", dass Luke Skywalkers Entwicklung zum Jedi-Ritter dem christlichen Weg zur Erleuchtung entspricht. Kein Wunder also, dass es Leute gibt, die in Formularen unter Religionszugehörigkeit "Jedi" angeben.

George Lucas war Anfang 30,

als er "Star Wars" inszenierte. Man muss ihn sich als technikverliebten, etwas menschenscheuen Vollbartträger vorstellen, der seine ganzen mehr als spätpubertären Jungsfantasien in Raumschiffe und Todessterne und Bars voller Aliens stopfte. Wahrscheinlich hat er sich gar nicht so wahnsinnig viel dabei gedacht, als er Luke und Leia damals so munter ins All schoss. Der Erfolg muss ihn erschlagen - und leider auch davon überzeugt haben, dass er der Welt etwas zu sagen hat. Die Leichtigkeit kam ihm abhanden; vielleicht war es auch die Jugend. Jetzt 60 Jahre alt, ist Lucas der Schöpfer eines Kosmos, in dem viel zu viele alte Männer das Sagen haben. Frauen hatten es bei ihm sowieso immer schwer; Natalie Portman in "Sith" ist offenbar nicht nur die unglücklichste Frau im Universum - man sieht sie viel weinen -, sondern auch die einzige. Die Jedi wiederum leben im Zölibat; die Zukunft hat auch schon mal mehr Spaß gemacht.

Egal. Trilliarden von Fans werden den Film lieben. Was soll man sagen? Amen.

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Christine Kruttschnitt

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