"Es ist viel zu lange her", rief Jay Kay mit circa einer Stunde Show-Verspätung ins Mikrofon. 5000 Fans jubelten auf. Nach vier Jahren kreativer Pause meldeten sich die britischen Könige des Funk zurück und brachten die Hamburger Color-Line-Arena zum Kochen. Ein Mix aus alten Hits, neuen hitverdächtigen Liedern und einer mitreißenden Show begeisterte das Publikum am Wahlabend. Neben aktuellen Chartbreakern wie "Seven Days in Sunny June" gab die Band auch "Space Cowboy", "Virtual Insanity" und "Cosmic Girl" zum Besten. Der Sound mit Wiedererkennungswert ließ es immer wieder in den Beinen zucken.
Schon im Vorhinein entschuldigte sich Frontmann Jay Kay dafür, dass er wohl weniger als gewohnt tanzen und zappeln werde. Leicht verletzt trat er auf die Bühne. Seine rechte Hand musste am Vorabend mit sieben Stichen genäht werden - ein Unfall im Tourbus, den er mit einem Augenzwinkern abtat: "You know, crossing the dutch borderline". Jay Kay hatte in letzter Zeit durch wilde Partys, Drogenexzesse und seinen ausschweifenden Lebensstil Aufsehen erregt. Der kleine Unfall hinderte ihn leider auch daran, seine hemmungslosen Sprünge auf der Bühne durchzuführen. Aber zweimal hat er es dem Publikum dann doch gezeigt.
Tourdaten
20.09.: Düsseldorf, Philipshalle
21.09.: Berlin, Arena Treptow
04.10.: München, Zenith
05.10.: Frankfurt, Jahrhunderthalle
"Was ihr wollt"
Irgendwann fragte Jay Kay in die nicht ganz ausverkaufte Halle hinein, ob der neue Kanzler in Deutschland schon gewählt sei und wen sich das Publikum wünsche. In einem Chor antwortete die Masse mit einem Wort: "Dich". Daraufhin erwiderte er: "Ich soll euer neuer Kanzler sein? Ich bin euer neuer Kanzler!" Da explodierte das Publikum förmlich und klatschte minutenlang Beifall.
Im 70er-Jahre-Disco-Stil bestach eine extravagante Lichtshow. Neben der altbekannten Kombination aus Acid Jazz, Neo-Soul, R&B, Funk und Hip-Hop versuchten sich Jamiroquai im neuen Album "Dynamite" erstmals mit rockigem Low-Fi-Sound, dem sich schwer zu entziehen war und der die Zuhörer in Bewegung setzte.
Obligatorische Bush-Kritik
Ungefähr nach der Hälfte des Konzerts feuerte Jay Kay mit einer Stellungnahme zur US-Politik los. "Jeder weiß, dass George Bush ein Bastard ist und der Fanatischste unter den Fanatikern", sagte der Sänger. Irgendwie scheint jeder Star, der in der Öffentlichkeit auftritt, sich auf die Fahne geschrieben zu haben: "Standpauke Bush-Kritik nicht vergessen."
In seiner Message wollte er an das Wichtigste erinnern: die Kinder in den "Schurken-Staaten" (Irak, Iran, Afghanistan). Unbedingt sei darauf zu achten, dass Kinder nicht alles glauben sollen, was ihnen vermittelt wird und sie die Hände von Waffen lassen sollen. Außerdem könne es im Zuge der Humanität nicht sein, dass jungen Menschen die Beine weggebombt werden. Zustimmender Applaus in der Arena. Daraufhin setzte der Song "Don't give hate a chance" ein.
Nicht ohne meinen Hut
Berühmt durch seine bizarre Kopfbedeckung, gilt Frontsänger Jay Kay als einer der populärsten Popsänger Großbritanniens. In den letzten Jahren war es jedoch ruhig geworden um die Band, bevor sie jetzt ihr sechstes Album mit dem vielversprechenden Titel "Dynamite" vorlegte. Bei dem Konzert in der Hansestadt nahm Jay Kay seinen roten Samthut nur einmal vom Kopf. Aber das Publikum dankte es ihm umso mehr.
Gegen Ende der Show wurde es rockiger mit dem Hit "Travelling without moving" aus dem Jahr 1993. Erst nach einer zweistündigen Show und einer Zugabe ließ das Publikum die Band von der Bühne. Mit dem Titel "Deeper Underground" aus dem Soundtrack zum Film "Godzilla" verabschiedete sich das nach einem Irokesenstamm benannte Sextett.