Nie wieder... ...Leihweihnachtsmänner

Wenn Kinder von Santa Claus persönlich beschenkt werden wollen, stehen die Eltern vor der Frage: Wer soll's machen? In der Not greifen manche zu den Diensten von Mietweihnachtsmännern.

Unsere Kinder sind noch klein, sie glauben an den Weihnachtsmann. Und der soll bitte schön die Geschenke persönlich abliefern. Jedes Jahr ab Ende Oktober reden sie von nichts anderem. Beim ersten Mal versuchten wir noch, sie mit der Ausflucht abzuspeisen, dass er Millionen weiterer Kinder bescheren müsse und für uns leider keine Zeit habe. Das Fest endete im Desaster.

Wir brauchten also einen Weihnachtsmann. Ach, das kann der Papa machen, dachten wir uns. Wir steckten ihn in etwas langes Rotes und klebten ihm 250 Gramm Watte um den Mund. Die Kinder standen mit leuchtenden Augen unterm Weihnachtsbaum und starrten den Mann an, der der Weihnachtsmann sein sollte. Eher ungläubig als ehrfürchtig. Man sollte kleine Kinder nie unterschätzen. "Der redet ja wie Papa", bemerkten sie. "Und wieso hat der Papas Gummistiefel an? Wo ist überhaupt Papa?"

Ein Jahr später engagierten wir Hansi - auf Empfehlung unserer Freunde. "Eine Topbesetzung", sagten sie. Hansi, schon etwas älter, pflegt die Gärten der Gemeinde, hat kaum noch Zähne, dafür mehr Bart als Gesicht und noch mehr Prinzipien. Als scharfer Gegner des weihnachtlichen Konsumterrors musterte er zwei Drittel der Geschenke aus und packte den kläglichen Rest in einen Kartoffelsack, in dem er sonst Gartenabfälle transportiert. Dann fuchtelte er mit seiner Rute und brummte: "Na, ihr kleinen Scheißer, was habt ihr ausgefressen?"

Dreijährige kennen keine Ironie. Stattdessen fingen sie an zu heulen. Aber Santa Hansi kannte keine Gnade: "So, jetzt singt dem Onkel ein schönes Lied." Fehlerfrei können sie nur "Drei Chinesen mit dem Kontrabass". Hansi dozierte über den Werteverlust in Erziehungsfragen und zweifelte an unserer religiösen Grundeinstellung. Beim Verteilen der Geschenke brummelte er in seinen Bart: "Früher haben wir schon über ein Paar warme Socken gejubelt." Verstört nahmen die Kinder das Wenige, was er zu geben hatte. In der Nacht schliefen sie dann schlecht. Sehr schlecht.

Um sie nicht weiter zu traumatisieren, nahmen wir beim nächsten Weihnachtsfest professionelle Hilfe in Anspruch und buchten einen Weihnachtsmann beim Studentenservice. "Bitte einen unter 70", flehten wir. Bei den heutigen Langzeitstudenten weiß man ja nie. Sie schickten uns Matti. Matti war Finne, kam aber zum Glück ohne Rentier. Unsere Oma, zum Fest der Liebe besonders milde gestimmt, flötete: "Junger Mann, Sie sehen ja ganz verfroren aus. Sie brauchen erst mal was zum Aufwärmen." Natürlich sagte Matti nicht nein. Für Alkohol würden Finnen töten. Bei der Bescherung hatte er bereits eine Fahne bis zum Polarkreis. Er lallte. Oder war das ein finnischer Dialekt? Wegen erhöhter Explosionsgefahr hielten wir ihn von den brennenden Kerzen fern. Und verteilten die Geschenke lieber selbst. Oma und Matti machten es sich derweil am Esstisch gemütlich. Die Kinder waren nun komplett verstört. In keinem ihrer 43 Weihnachtsbücher stand etwas davon, dass sie den Gänsebraten mit dem Weihnachtsmann zu teilen hatten. Heiligabend, das muss man leider festhalten, ist für sie bisher eher nicht der Höhepunkt des Jahres gewesen.

Für die Zukunft erwägen wir einen Umzug

in ein Bundesland mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung. Dort bringt traditionell das Christkind die Geschenke. Ein optisch ansprechender und wenig suchtgefährdeter Engel, welcher die Gaben in der Dämmerung des 24. Dezember still und heimlich unter den Baum legt. Garantiert erfunden von leidgeprüften Eltern, die vom Weihnachtsmann die Nase gestrichen voll haben.

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Christine Mortag

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