"DAS WIRD DIE BESTE PARTY DES JAHRES", gröhlt meine Freundin.
"BESTE PARTY DES JAHRES", gröhle ich zurück und nehme noch einen Schluck Vodka-mit-irgendwas-klebrigem. Mir ist ein bisschen schlecht.
Es ist Silvester. Meine zwei Freundinnen und ich haben sturmfrei. Wir, minderjährig aber mordsenthusiastisch, haben uns mit ein bisschen Schummelei eine Flasche Vodka mit Himbeergeschmack, jede Menge Sprite und ordentlich Prosecco besorgt und glühen nun vor. Später soll es noch auf eine Hausparty um die Ecke gehen.
Als der Alkohol alle ist, kommt kurz Panik auf. Immerhin soll das die BESTE PARTY DES JAHRES werden. Meine Eltern trinken zwar nicht, haben aber trotzdem jede Menge hartes Zeug da – für Gäste. Damit niemand etwas bemerkt, nehmen wir aus jeder Flasche, von Likör bis Korn, nur einen Schluck. Ein Fehler, wie sich knapp eine halbe Stunde später herausstellt, als ich über der Toilette hänge und mir sowohl Seele als auch Abendessen aus dem Leib kotze. Auf der Gästetoilette hängt meine Freundin und macht genau das gleiche. Als wir schließlich völlig ausgelaugt ins Bett fallen, ist es 21.30 Uhr. Von wegen beste Party des Jahres.
Silvester und wieso die Party nie so gut wird, wie wir uns das vorstellen
An kaum einem Abend im Jahr sind die Erwartungen so hoch wie am 31. Dezember. So sehr wie am Valentinstag Romantik und zu Weihnachten ein trautes Essen mit der Familie erwartet wird, muss Silvester eine richtig dicke Party gefeiert werden! Jedes Jahr flattern ab Mitte November die Einladungen für zahlreiche Silvester-Partys ins Haus. Gefühlt jeder Radio-Sender veranstaltet eine eigene Party und wo man hinschaut, hängen Schilder, die versprechen, dass auch DIESES Restaurant zu Silvester Gäste empfängt. Ich kann das ja auch irgendwie verstehen. Ein Jahr endet, ein neues fängt an. Man möchte die nächsten 365 Tage so beginnen, wie man gedenkt, sie zu verleben: mit einem Bier in der Hand im Kreis der Liebsten.
Auch ich werde jedes Jahr wieder dazu verführt zu glauben, dass es dieses Mal anders werden könnte. Dass wir nicht drei Stunden lang diskutieren werden, in welchen Club wir gehen sollen, nur um dann wegen Überfüllung nicht reingelassen zu werden. Dass wir nicht durch die halbe Stadt zum Zweite-Wahl-Club pilgern - nur um dann wegen Überfüllung nicht reingelassen zu werden. Dass sich niemand schon weit vor Mitternacht so sehr besäuft, dass wir, selbst wenn wir irgendwo reinkommen, nach fünf Minuten eh wieder rausgeschmissen werden.
Silvester oder Dritter Weltkrieg?
Und selbst wenn man sich für eine vermeintlich entspanntere Hausparty entscheidet, wäre da immer noch der Weg dorthin. Ein Spießrutenlauf zwischen Kotzepfützen und schief abgeschossenen Raketen. Bürgerkriegsähnliche Zustände in jeder Großstadt. Testosteronüberladene Jugendliche, die die heimlich gekauften Polen-Böller schmeißen als wären sie Knallerbsen. In meiner Straße haben sie letztes Jahr ein Auto auf die Straße geschoben, die Scheiben eingeschlagen und so lange Feuerwerkskörper reingeworfen, bis es schließlich in die Luft gegangen ist. Und dazwischen soll ich feiern? BIN ICH DENN LEBENSMÜDE?
Darum mache ich das in diesem Jahr ganz anders und fahre zu meiner Oma an die Nordsee. Schön mit einer Flasche Prosecco an den Strand und Feuerwerk gucken. Ohne Böller. Ohne Kotze. Ohne Stress. Rentner-Silvester. Die beste Party des Jahres kann ich auch noch in den nächsten 364 Tagen feiern.
