Am Donnerstagnachmittag ist ein junger Mann mit einem Miettransporter auf der Flaniermeile Las Ramblas in Barcelona vorsätzlich in eine Menschenmenge gerast. Mindestens 13 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, rund 100 wurden verletzt - zum Teil schwer. Wenige Stunden später werden in der Stadt Cambrils, rund 100 Kilometer südwestlich von Barcelona, fünf mutmaßliche Terroristen von der Polizei erschossen.
NEON-Reporterin Nora Reinhardt hielt sich in Barcelona auf, als diese Informationen noch nicht bekannt gewesen sind - und das Unheil seinen Lauf genommen hat. Wie sie den Terroranschlag in Barcelona erlebt hat - eine Chronik.
17.20 Uhr
Der H&M auf der Rambla 131 trommelt die Sicherheitsleute zusammen, die entscheiden, dass niemand mehr den Laden verlassen darf. Manche gehen trotzdem. Draußen fahren Krankenwagen Richtung Placa Cataluña - es ist klar, dass etwas Schlimmes passiert sein muss.

Es gibt nur eine Toilette im Keller, in der sich Leute verschanzen (ich auch), die Toilette ist aber sehr versteckt und die Tür kann nur vom Personal geöffnet werden.
17.24 Uhr
Die erste Meldung geht online, dass ein Auto in eine Menschenmenge gerast ist.
18.20 Uhr
Das große Modegeschäft evakuiert die etwa 1.000 Menschen, die sich im Laden befinden unter Polizeischutz durch einen Hinterausgang. Alle verhalten sich ruhig.

Viele Menschen, Einheimische und Touristen, stehen ratlos auf den Straßen - viele davon sind weiträumig abgesperrt, die Busse und U-Bahnen fahren nicht, Taxis sind voll oder nehmen aus Angst keine Fahrgäste mit.

Die Touristen sind ortsunkundig und wissen nicht, wohin. Die Einheimischen sind ortskundig, kommen aber nicht dorthin. Helikopter kreisen über der Innenstadt.

Gegen 19.00 Uhr
Die Fiesta de Gracia, das größte Fest der Stadt, wird abgesagt. Ein Jahr lang haben die Bewohner von Gracia die Dekorationen und Darbietungen vorbereitet.
Manche Geschäfte schließen, manche sind ganz normal geöffnet, auch in unmittelbarer Nachbarschaft des Geschehens, der Rambla Cataluña etwa, sitzen viele auf der Strasse im Café und essen und trinken.
Barcelona nach Terroranschlag in Schockstarre
20.00 Uhr
Eine Massenpanik bricht auf der Placa Cataluña aus. Der Helikopter kreist direkt über der Straße. Aus unbekanntem Grund rennen etwa 200 Menschen über die Straße, flüchten sich in Restaurants und verstecken sich in Toiletten und im Keller. Ich auch. Zu viert oder fünft warten Menschen in je eine Toilette gekauert, bis die Gefahr vorüber ist. Es war falscher Alarm - aber die Informationslage ist dünn und ein oder mehrere Täter sind noch auf der Flucht.
22.00 Uhr
Als bekannt wird, dass vermutlich kein Täter mehr auf der Flucht ist, entspannt sich die Lage. Rettungssanitäter laufen umher und bieten Erste Hilfe an, Medikamente, Rat. Es herrscht eine Atmosphäre der Hilfsbereitschaft, vielen Menschen steht der Schock ins Gesicht geschrieben. Die Straßen nahe der Placa Cataluña werden wieder geöffnet, der Verkehr fließt.
23.00 Uhr
Nahe der U-Bahn Universitat ist immer noch weiträumig gesperrt, ein riesiges Zelt und Polizeiwagen stehen auf der Straße. Dort grenzt das Stadtviertel Raval an, ein dichtbesiedeltes ehemaliges Arbeiterviertel mit hohem Migrantenanteil.
23.15 Uhr
Nachrichten: Weitere Explosion wird gemeldet, die Polizeisirenengeheul verstärkt sich wieder. Manche gehen zu den Krankenhäusern, um Blut zu spenden. Hostels haken am Eingang ihre Gäste ab, um sicherzustellen, dass niemand fehlt. Viele Hostels und Hotels nehmen Gestrandete auf.