Wie wäre es mit einem wärmenden Cappuccino in San Polo, frischen Fisch am Lido oder mit Musik in der Basilika? Drei alteingessene Bürger der Lagunenstadt verraten ihre persönlichen Orte, wo die Serenissima am authentischsten ist.
Tipps von Franco
"An sonnigen Wintertagen fahre ich gern auf die Inseln Murano, Burano oder Torcello, wenn dort alles in einen rötlichen Schimmer getaucht ist. Oder ich laufe durchs Viertel Castello und besuche das Arsenale, eine Schiffswerft, in der nun die Architektur-Biennale logiert. Es ist auch eine ideale Zeit für Theater (Teatro Goldoni, San Marco 4650 b), Oper (Teatro La Fenice, San Marco 1965, Campo San Fantin) oder Kirchenmusik, wie in der Basilica dei Frari (San Polo 2464, Campo dei Frari). Musik von Antonio Vivaldi höre ich in der Kirche Santa Maria della Pietà, wo der Meister Kaplan war. Mit ihren lebensfrohen Bildern von Tiepolo gibt sie den idealen Rahmen ab.
Franco Posocco (74)
Direktor der Schatzkammer der katholischen Bruderschaft "Scuola Grande di San Rocco"
Faszinierend finde ich den wiedereröffneten Palazzo Grimani (Castello 4858, Ramo Grimani) mit seinen Ausstellungen. Allein die Fresken, der Stuck und die Marmorböden lohnen den Besuch. Besonders empfehle ich natürlich den Tesoro di San Rocco der 1478 gegründeten katholischen Bruderschaft „Scuola Grande di San Rocco“ (San Polo 3052, Campo San Rocco): Die Schatzkammer ist seit vergangenem Mai nach fast hundert Jahren wieder zu besichtigen – und zeigt Kostbarkeiten aus Gold und Silber und einen großartigen tragbaren Altar von 1430.
Nach dem Museumsbesuch wärme ich mich im
Caffè Florian
am Markusplatz mit einer heißen Schokolade auf. Den Tag lasse ich mit der Familie und Freunden in einer Osteria ausklingen. Mein Tipp: die
Ostaria da Rioba
(Cannaregio 2553, Fondamenta della Misericordia, Tel. 041-524 43 79) bietet venezianische Gerichte und gute Weine.“
Tipps von Nicola
"Ich liebe es, im Nebel durch die stillen Gassen der Serenissima zu spazieren oder mich über den wunderbaren Campo Santi Giovanni e Paolo in Castello zu tasten. Das Geräusch meiner Schritte hallt dann von den unsichtbaren Fassaden wider.
Wenn es mir in den Gassen zu eng wird, fahre ich mit dem Vaporetto auf den
Lido
und miete mir dort ein Fahrrad (zum Beispiel bei Lido on Bike, Tel. 041- 526 80 19). Vor mir liegen zehn Kilometer gerade Strecke, die jeder Venezianer zu schätzen weiß – würzige Seeluft und einen endlosen Horizont gibt es gratis dazu. Danach kehre ich in mein Lieblingslokal auf dem Lido ein: das
Ristorante da Valentino
(Via Sandro Gallo, Tel. 041-526 01 28) mit feiner Fischküche und imposanter Weinkarte. Oder ich gehe zu
Andri
(Via Lepanto 21, Tel. 041- 526 54 82), wegen der erstklassigen Fisch-Antipasti und Pizza. Ein unspektakuläres Ristorante, aber gut und günstig.
Nicola Falconi (48)
Präsident der "Ente Gondola", des venezianischen Gondel-Verbands
Auch von Murano bekomme ich nie genug. Auf der Glasbläserinsel, wo es eine empfehlenswerte Trattoria mit vielen einheimischen Gästen gibt (La Perla-Ai Bisatei, Campo San Bernardo 1, Tel. 041-73 95 28), gehe ich in das Museo del Vetro, das einzigartige Glasmuseum im Palazzo Giustinian (Fondamenta Giustinian 8).
Als Präsident der Ente Gondola schätze ich besonders das
Museo Storico Navale
(Castello 2148, Riva San Biasio). Es ist bis heute im Besitz der Marine und bewahrt die Geschichte Venedigs als einstiger Seeweltmacht: die Expeditionen, Schiffe, Waffen und Seeschlachten – und natürlich Interessantes über unsere Gondeln.“
Tipps von Marco
"Venedigs Zauber kann nur erleben, wer sich auf den Rhythmus der Stadt im Winter einlässt. Ein ideales Terrain dafür ist der Stadtteil Dorsoduro, gleich gegenüber von San Marco – ein Freilichtmuseum mit Architektur, Kunst und der schönsten Flaniermeile der Welt: der Fondamenta Zattere. Ich schlendere zum neuen Museum Punta della Dogana, das zeitgenössische Kunst präsentiert, gleich dort, wo der Canal Grande beginnt (Dorsoduro 2). Oder durch den Garten des Palazzo Zenobio (Dorsoduro 2597) und zum Palazzo Ca’Rezzonico (Dorsoduro 3136) mit seinem venezianischen Kunsthandwerk.
Meine letzten Stationen sind meist der
Campo Santa Margherita
, ein Treff für Jung und Alt, die dort ihre Einkäufe erledigen, und der
Campo San Barnaba
, ein verträumter Platz mit Restaurants und venezianischen Weinbars wie der
Ristoteca Oniga
(Dorsoduro 2852, Tel. 041-522 44 10), wo es frischen Fisch und gute italienische Weine gibt.
Marco Vidal (29)
Präsident des "Vereins junger Venezianer", der für mehr Lebensqualität in der Stadt kämpft
Fast ebenso gern bin ich in San Polo mit seinem Gassengewirr und einigen der letzten traditionellen Läden unterwegs. Dort gibt es einen einzigartigen Fischmarkt (San Polo, Campo Pescheria) und die Antica Drogheria Mascari, eine altmodische Drogerie, in der Gewürze noch grammweise verkauft werden – aber auch eine ungewöhnliche Fülle von Süßigkeiten, kandierten Früchten, Tee, Kaffee und Wein (San Polo 381, Ruga degli Spezieri). Geschäfte wie diese sind in Venedig selten geworden. In vielen Vierteln fliehen die Bewohner vor den steigenden Mieten. Deshalb setzen wir uns für ihren Erhalt ein, auch durch Empfehlungen wie diese hier.“