Annegret R. ist 65 Jahre alt, und in ihrem Bauch wachsen vier Babys heran. Eine Schwangerschaft, die einem Wagnis gleicht, denn Mehrlingsschwangerschaften sind hochriskant - sogar dann, wenn die werdende Mutter noch jung ist. Welchen Gefahren setzt sich die 65-Jährige damit aus? Und: Wie steht es um die Überlebenschancen ihrer Kinder?
Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF), hat für uns die Risiken und Probleme benannt.
Risiken für die Kinder
1. Die Plazenta versorgt nicht ein Kind - sondern vier. Das kann für jedes einzelne der Kinder bedeuten, dass es nur knapp mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird und dass seine Entwicklung beeinträchtigt ist.
2. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass wegen der Mangelversorgung einer oder mehrere der Mehrlinge in der Gebärmutter sterben.
3. Der begrenzte Raum in der Gebärmutter schränkt die Möglichkeiten für das Wachstum erheblich ein.
4. Wenn es den Geburtshelfern gelingt, eine Fehlgeburt zu vermeiden und die Schwangerschaft zu erhalten, gelingt es dennoch nie, die Schwangerschaft so lange zu erhalten, bis die Vierlinge völlig reif entwickelt sind. Vierlingsschwangerschaften werden - entweder durch einen Kaiserschnitt oder durch einen spontanen Geburtsbeginn - im Durchschnitt bereits nach 31 Schwangerschaftswochen beendet.
5. Damit gelten die Babys als Frühgeborene. Sie haben für ihr Entwicklungsalter meist ein zu niedriges Geburtsgewicht, müssen für mehrere Wochen in der Klinik bleiben - und besitzen ein erhöhtes Risiko für Hirnblutungen, Lähmungen oder Seh- und Hörschäden.
6. Die Gebärmutter wird durch die vier Babys erheblich gedehnt. Deshalb kann sich bereits sehr früh der Gebärmutterhals öffnen - und bei der Mutter Wehen einsetzen.
Risiken für die Mutter
7. Die Plazenta produziert Hormone, die die Schwangerschaft aufrechterhalten, die aber auch das Risiko für Thrombosen erhöhen. Da bei Vierlingen erheblich mehr Schwangerschaftshormon produziert wird als bei Einlingen, steigt das bei einer älteren Frau ohnehin schon hohe Thromboserisiko.
8. Das Risiko für Bluthochdruck und für Schwangerschaftsdiabetes ist bei Mehrlingsschwangerschaften erhöht.
9. Es ist ausgeschlossen, dass Vierlinge reif geboren werden. Frühgeborene brauchen auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine intensive Pflege und Fürsorge. Bei Vierlingen bedeutet das für die Mutter und die ganze Familie eine erhebliche körperliche und psychische Belastung.
Zusätzliche Probleme bei Schwangerschaften über 60 Jahre
10. Da in diesem Alter die Eierstöcke keine Eier mehr produzieren, kann eine Schwangerschaft nur entstehen, indem eingefrorene eigene oder fremde Eizellen einer anderen Frau verwendet werden. Die Frau, die die Schwangerschaft austrägt, wäre im letzteren Fall nicht die biologische Mutter der Kinder. Eine Eizellspende ist in Deutschland verboten.
11. Damit die Gebärmutter auf die Schwangerschaft vorbereitet wird, müssen vor Schwangerschaftsbeginn und zu Beginn der Schwangerschaft über mehrere Wochen hohe Hormondosen verabreicht werden. Diese Hormone werden deutliche Nebenwirkungen haben - trotzdem lässt sich nicht immer sicherstellen, dass die Schwangerschaft erhalten werden kann.
12. Jede Schwangerschaft bedeutet eine erhebliche Belastung für den Körper und für den Kreislauf. Von einer Schwangerschaft in diesem Alter, die nicht spontan entstanden ist, sondern durch Samen- und Eizellspende und Hormonbehandlung herbeigeführt wurde, kann deshalb nur abgeraten werden.
13. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder ihre Mutter noch nach ihrem 20. Lebensjahr haben, ist gering.
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