Kinder sind teuer, lautet ein ewig wiederholter Spruch. Zuerst müssen die Eltern Windeln kaufen, später Markenklamotten und dann vielleicht sogar noch ein Studium finanzieren. Darüber kann man jammern, muss man aber nicht.
Weniger oft Gesprächsthema ist hingegen, was Kinder an Einkommen kosten, weil Eltern zumindest zeitweise weniger arbeiten können. Welche Gehaltseinbußen dies – über das gesamte Erwerbsleben gesehen – insbesondere für Mütter bedeutet, zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Die Arbeitsmarktforscher Timm Bönke und Rick Glaubitz von der Freien Universität Berlin untersuchen darin, wie sich die familiäre Situation auf das kumulierte Lebenseinkommen zwischen 20 und 55 Jahren auswirkt. Mit den Mitteln der Statistik berechnen sie dabei nicht nur Unterschiede zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen Eltern und Kinderlosen sowie zwischen Alleinerziehenden und Müttern in Paarbeziehungen.
Die so ermittelten Einkommensunterschiede sind auf individueller Ebene enorm. Ein westdeutscher Mann, der heute Mitte 30 ist, kann demnach mit einem fast doppelt so hohen Lebenseinkommen rechnen wie eine gleichaltrige Frau: Während es die Männer im gesamten Erwerbsleben auf ein durchschnittliches Einkommen von 1,5 Millionen Euro bringen, sind es bei den Frauen nur 830.000 Euro. Für Frauen mit Kindern ist die Lücke noch größer: Mütter verdienen aufs Erwerbsleben gesehen sogar 62 Prozent weniger als Männer. Diese Zahlen sind zunächst brutto, also vor Steuern, Abgaben und Transfers.
Mütter verdienen weniger als Kinderlose
Dass Kinder für den Gender Pay Gap ein wesentlicher Faktor sind, zeigt auch der Vergleich von Müttern mit kinderlosen Frauen. So verdient eine Frau mit einem Kind über ihr gesamtes Erwerbsleben im Schnitt 43 Prozent weniger als eine Frau ohne Kind. Bei zwei Kindern sind es 54 Prozent weniger Lebenseinkommen, bei drei Kindern oder mehr 68 Prozent weniger gegenüber der Kinderlosen. Die Forscher bezeichnen diesen Effekt in ihrer Studie mit dem gnadenlosen Begriff "Motherhood Lifetime Penalty", also der lebenslangen Strafe für die Mutterschaft.
Die Väter hingegen ereilt eine solche finanzielle Strafe fürs Kinderkriegen überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: "Männer mit Kindern können sich über das gesamte Erwerbsleben über fast alle Geburtsjahrgänge hinweg durchschnittlich bis zu 20 Prozent mehr als kinderlose Männer erarbeiten", heißt es in der Studie.
Soweit die individuelle Auswertung, in der Frauen und Männer als Einzelkämpfer erscheinen, was sie in einer Partnerschaft ja aber in der Regel nicht sind. Denn de facto profitieren viele Elternteile, die mehr Erziehungsarbeit leisten, finanziell vom Einkommen des Partners und Hauptverdieners. Im zweiten Schritt erweitern die Forscher ihre Analyse daher von der individuellen auf die Haushaltsebene, wobei auch staatliche Wohlfahrtsleistungen berücksichtigt werden.

Alleinerziehende werden abgehängt
Werden die Einkommen der Partner zusammengezählt und durch zwei geteilt, so schließt sich für die Mütter in Paarbeziehungen die Lücke beim verfügbaren Einkommen nahezu vollständig. Dafür ergibt sich eine große Kluft zwischen Frauen im klassischen Familienmodell und Alleinerziehenden, wie die Berechnungen zeigen. So kann die verheiratete Frau mit Kind ihr eigenes Nettoeinkommen von gut 400.000 Euro mit Hilfe des Partnereinkommens und staatlichen Leistungen auf ein verfügbares Lebenseinkommen von 700.000 Euro steigern. Die Alleinerziehende hingegen verdient ohnehin schon etwas weniger (380.000 Euro) und kommt selbst nach staatlichen und familiären Transferleistungen nur auf 520.000 Euro Lebenseinkommen.
Das fehlende Partnereinkommen gleichen Wohlfahrtsstaat und Unterhaltszahlungen in Summe also nicht annähernd aus. Die Forscher halten fest, dass staatliche Leistungen wie das Elterngeld zwar kurzfristige Einkommensausfälle kompensieren, "sie sind aber nicht geeignet, den durch Erwerbsunterbrechung und Arbeitszeitreduzierung entstehenden Nachteil über das Leben auszugleichen". Entscheidend dafür seien bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten und ein Kulturwandel in Unternehmen und Gesellschaft. "Dies sind wichtige Voraussetzungen für eine gleichmäßigere Aufteilung der Erwerbs- und Fürsorgearbeit zwischen den Geschlechtern."