Dass die Preise für Heizöl und Gas derzeit wie irre steigen, hat wohl jeder mitbekommen. Wer von seinem Versorger eine Preiserhöhung bekommen hat oder gar einen teuren Neukundenvertrag abschließen musste, der kann ein Lied davon singen. Doch viele Verbraucher werden erst in den kommenden Wochen und Monaten erfahren, was die Heizkostenexplosion für den eigenen Geldbeutel bedeutet. Dann nämlich, wenn die nächste Nebenkostenabrechnung ihres Vermieters oder Verwalters ins Haus flattert – und eine saftige Nachzahlung fällig wird.
Diesen Haushalten droht ein Preisschock mit Verspätung. Denn für die Betriebskostenabrechnung, in der Heizen den größten Block ausmacht, lassen sich Vermieter und Verwalter oft viel Zeit. Die Abrechnung fürs Kalenderjahr 2021 muss theoretisch erst bis Ende 2022 erstellt werden. Die nochmal gestiegenen Preise aus diesem Jahr stehen erst 2023 auf der Abrechnung.
Mieter- und Vermietervertreter warnen gleichermaßen vor einem Kostenhammer. Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia erwartet, dass auf manche Haushalte Nachzahlungen in einer Größenordnung von ein bis zwei Monatsmieten zukommen. Für eine 65-Quadratmeter-Wohnung mit 450 Euro Kaltmiete könnten das "schnell mal 500 oder 1000 Euro extra sein", sagte ein Vonovia-Sprecher dem WDR.
Verivox erwartet Hunderte Euro Mehrkosten
Das Vergleichsportal Verivox hat versucht, die Mehrkosten der aktuellen Heizperiode noch etwas genauer zu beziffern. Die größte Kostenexplosion trifft demnach Haushalte, die mit Öl heizen. Für einen typischen Haushalt mit Ölheizung stiegen die Kosten in der Heizperiode von September bis April um 781 Euro auf 1822 Euro. Das ist ein Plus von 75 Prozent gegenüber der vorherigen Heizsaison. Und dabei ist der gesunkene Heizbedarf aufgrund des vergleichsweise milden Winters schon eingerechnet.
Etwas weniger stark fällt die Kostensteigerung laut Verivox für Gaskunden aus. Eine Familie mit Gasheizung zahlte in der zurückliegenden Heizperiode im Schnitt 1613 Euro – das waren 213 Euro beziehungsweise 15 Prozent mehr als im Winter zuvor. Diese – erfreulich moderate – Zahl bezieht sich allerdings nur auf Bestandskunden in der Grundversorgung, die ihre Preise noch vergleichsweise stabil gehalten haben. Wer bei einem anderen – vormals günstigen Anbieter – war, kann auch eine deutlich stärkere Preiserhöhung bekommen haben. Und vormalige Kunden des Skandalkonzerns gas.de, die sich wegen eingestellter Lieferungen einen neuen Anbieter suchen mussten, traf es richtig hart. Neukunden müssen nämlich laut Verivox mit Preisaufschlägen von rund 95 Prozent rechnen.
Außerdem zu beachten: Die Verivox-Rechnung bezieht sich auf die Heizperiode September 2021 bis April 2022. Ein Großteil der gestiegenen Kosten dürfte in der Nachzahlung für 2021 also noch gar nicht enthalten sein – etwa wenn ein Versorger zum Jahreswechsel die Preise erhöht hat. Es kann Mietern also gut passieren, dass sie für 2021 nur eine geringe Nachzahlung leisten müssen, sodass auch die monatlichen Vorauszahlungen für 2022 nicht wesentlich erhöht werden. Die Nachzahlung im kommenden Jahr dürfte diese Verbraucher dann umso heftiger treffen.
So rechnet man realistisch, wie viel Geld man für den Immobilienkauf benötigt

Nachzahlungsrechner der Stiftung Warentest
Herauszufinden, wie hoch die Heizkostenwelle sich im Hintergrund bereits auftürmt und nur darauf wartet, 2023 über einen hereinzubrechen, ist für den einzelnen Mieter schwierig. Eine Hilfe kann der Nachzahlungsrechner sein, den die Stiftung Warentest online zur Verfügung stellt. Der liefert allerdings nur brauchbare Ergebnisse, wenn man ihn selbst mit den wichtigsten Daten füttern kann. Um die individuelle Nachzahlung zu berechnen, braucht man dafür nicht nur die letzte Heizkostenabrechnung, sondern muss auch beim Vermieter oder Verwalter erfragen, welchen Öl- oder Gaspreis er aktuell zahlt. Und selbst dann ist das Ergebnis nur bis zur nächsten Heizöl-Lieferung oder Gaspreiserhöhung gültig.
Abgesehen von sparsamem Heizen können Verbraucher gegen die Kostenwelle nicht viel tun, außer sich finanziell zu wappnen. "Generell gilt: Mieter sollten, wenn sie dazu wirtschaftlich in der Lage sind, Geld zurücklegen, damit sie die voraussichtlich erhöhten Nebenkostennachzahlungen stemmen können", sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. "Zudem sollten Mieter und Vermieter das Gespräch suchen und sich frühzeitig um einvernehmliche Lösungen kümmern, wie beispielsweise die Vereinbarung von Ratenzahlungen."
Um den großen Schock im nächsten Jahr abzumildern, erhöhen viele Vermieter jetzt schon die Abschlagszahlungen. Diese Erhöhung sollte immer im Zusammenhang mit der letzten Abrechnung stehen, betont der Berliner Mieterverein. Sei dort eine Nachzahlung fällig gewesen, könne eine Erhöhung von bis zu 30 Prozent vertretbar sein. Eine "angemessene Erhöhung der Vorauszahlungen" könne "insofern für Mieter von Vorteil sein, als dass die Nachforderung bei der nächsten Abrechnung nicht ganz so hoch ausfällt".