Der Immobilienboom in Deutschland ist derzeit so stark, dass selbst eine Pandemie ihn nicht aufhalten kann. Trotz Lockdowns und sonstiger Einschränkungen ist der Markt für Wohnungen und Häuser 2020 kräftig weiter gewachsen – und wird es auch in diesem Jahr weiter tun. Das zeigt eine Analyse des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung, das Grundstückskaufverträge für alle Stadt- und Landkreise ausgewertet hat.
Demnach stieg der Umsatz mit Wohnimmobilien im Corona-Jahr 2020 um 7,7 Prozent auf 221 Milliarden Euro – und das obwohl die Zahl der Verkäufe gegenüber 2019 nur um 0,7 Prozent auf 733.400 Kauffälle anstieg. "Trotz anfänglicher Verunsicherung von Käufern und Verkäufern sowie zwischenzeitlicher Einschränkungen bei Besichtigungen und Notarterminen, insbesondere zu Zeiten der ersten Infektionswelle, erreichte der Geldumsatz am deutschen Immobilienmarkt in 2020 ein neues Allzeithoch", sagt Gewos-Experte Sebastian Wunsch.
Immer neue Rekordpreise
Auch die Preise steigen in immer neue Höhen: Eigenheime wurden laut der Auswertung 2020 um 10,8 Prozent teurer und Eigentumswohnungen um 7,2 Prozent. Dies seien "die stärksten Preiszuwächse seit Beginn unserer Aufzeichnungen in den Achtzigerjahren", sagt Wunsch.
Und es geht genauso weiter: Für das laufende Jahr rechnet Gewos bei Wohnimmobilien mit einem Umsatzanstieg von 7,5 Prozent bei 1,4 Prozent mehr Käufen. Die bislang vorliegenden Daten zeigten, "der Preisauftrieb hält an – bei Eigentumswohnungen mit leicht steigender, bei Eigenheimen mit leicht abnehmender Tendenz", so Wunsch.
Die Gewos-Zahlen decken sich mit den Ergebnissen einer ebenfalls in dieser Woche veröffentlichten Studie der Universität Regensburg im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Derzufolge sind die Immobilienpreise in der Corona-Pandemie sogar stärker gestiegen als es ohne der Fall gewesen wäre. Ein Grund ist, dass Haushalte, die auf teure Urlaubsreisen und andere Ausgaben verzichtet haben, mehr Geld für den Immobilienkauf zur Verfügung haben. Zudem machten auch gestiegene Preise fürs Bauen aufgrund fehlender Arbeitskräfte und Materialien Immobilien teurer.
Der Hauptgrund für die steigenden Preise sind und bleiben aber auch nach Corona die niedrigen Zinsen und der damit verbundene Mangel an Anlagealternativen. Zudem weist Gewos daraufhin, dass mit dem Abklingen der Corona-Krise auch die ausgebremste Zuwanderung nach Deutschland wieder Fahrt aufnehmen dürfte, sodass die Nachfrage nach Wohnraum tendenziell steigen wird.
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Trend zum Speckgürtel
Die Immobilienmarktanalyse von Gewos zeigt zudem einen klaren Trend zum Speckgürtel. Bezahlbare Objekte direkt in der Stadt sind rar geworden, sodass in den kreisfreien Städten 2020 insgesamt weniger Menschen ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung kauften als im Jahr zuvor. Dagegen stieg im Umland der Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt die Zahl der Käufe von Ein- und Zweifamilienhäusern deutlich an. "Bereits seit einigen Jahren zieht es die Menschen verstärkt aus den Kernstädten in die Speckgürtel. Diese Tendenz scheint sich nun im Lichte der Pandemieerfahrungen zu verstärken, schließlich lässt sich der Wunsch nach mehr Fläche und dem Wohnen im Grünen im Umland leichter realisieren", sagt Gewos-Experte Wunsch.
Die Zahl der Käufe im Umland der Top-5-Städte stieg um 3,6 Prozent, der Geldumsatz sogar um 16 Prozent, was auch hier auf deutlich steigende Preise hinweist. Dennoch sind die Preisunterschiede zwischen Speckgürtel und Kernstadt noch erheblich. So kostete ein Eigenheim im Umland der Top-5-Städte 2020 rund 41 Prozent weniger als in der Stadt selbst, berichtet Gewos.
Sogar das richtige Landleben fernab der Stadt scheint eine kleine Renaissance zu erleben. Denn auch in den besonders dünn besiedelten Kreisen mit weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer verzeichnet Gewos eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern. Diese extrem ländlichen Gegenden machen immerhin ein Viertel aller deutschen Kreise aus.