Das Arbeitszeitgesetz von 1994 gewährleistet nicht nur die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Es schafft auch Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten. Leider geht die Realität oft an der Rechtsprechung vorbei. Und Mitarbeiter lassen sich aus Unwissen schnell auf Regelungen ein, die eigentlich nicht rechtens sind.
Das Arbeitszeitgesetz verlangt eine Höchstarbeitszeit von täglich maximal acht Stunden - Umkleide- und Waschzeiten sowie Wegezeiten gehören in der Regel nicht dazu. Ein Unternehmen kann die Arbeitszeit allerdings auf bis zu zehn Stunden ausdehnen, wenn es eine durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden innerhalb eines Ausgleichszeitraums von sechs Monaten gewährleistet (nach dem Gesetz sind aber auch Sonnabende Werktage). Damit wird eine 48-Stunden-Woche und bei Nutzung des Ausgleichszeitraums zeitweise sogar eine 60-Stunden-Woche möglich - Sonn- und Feiertage sind allerdings grundsätzlich tabu. Im Arbeitszeitgesetz sind jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen, insbesondere für bestimmte Branchen und Beschäftigungen, verankert.
Vermuten Arbeitnehmer einen Verstoß, sollten sie sich wehren
Ein Arbeitgeber kann eine Änderung von Arbeitszeiten nicht einfach anordnen. Will er zum Beispiel anstatt der 37,5-Stunden-Woche die 40-Stunden-Woche einführen, sind ihm zunächst die Hände gebunden. Er muss die Änderung einvernehmlich mit seinen Angestellten regeln oder eine Änderungskündigung aussprechen: Sie beinhaltet die Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses und verbindet diese mit dem Angebot, es unter anderen Bedingungen fortzusetzen.
Ein Unternehmen darf Änderungskündigungen aber nicht aussprechen, um Betriebskosten zu senken oder die Gewinne zu maximieren. Die Änderung des Arbeitsverhältnisses muss betrieblich erforderlich sein. Vermutet ein Mitarbeiter hier einen Verstoß, sollte er sich wehren. Verfügt ein Unternehmen über einen Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht.
Freizeitausgleich oder zusätzliche Bezahlung für Überstunden
Während sich Beschäftigte gegen eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit wehren können, sind Überstunden oft eher hinzunehmen. Praktisch jeder Arbeitsvertrag enthält eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erbringung von Überstunden. Der Betriebsrat hat aber auch hier ein Mitspracherecht. Befürwortet er diese, muss der Mitarbeiter der Anordnung seines Arbeitgebers Folge leisten. Widersetzt er sich, ist das eine Arbeitsverweigerung, die zur Abmahnung und sogar Kündigung führen kann. Für geleistete Überstunden kann er jedoch einen Freizeitausgleich oder zusätzliche Bezahlung verlangen. Allerdings gibt es auch hier Vertragsklauseln, die diesen Anspruch aushebeln. Diese sind jedoch unwirksam, wenn sie zu allgemein gehalten sind.
Für Arbeitnehmer ist es aber nicht einfach, die Vergütung der Überstunden durchzusetzen. Sie müssen ganz genau beweisen, dass sie die Mehrarbeit geleistet haben und dass die Überstunden angeordnet oder mindestens geduldet wurden. Zum Beweis sind Zeugenaussagen ebenso wichtig wie genaue Buchführung mit Tages- und Zeitangabe - am besten gegengezeichnet vom Chef.
Ulf Weigelt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Weigelt & Ziegler in Berlin-Prenzlauer Berg.