Anita Roddick Trauer um die "Green Queen"

Anita Roddick war nicht nur die Gründerin der Naturkosmetik-Kette "The Body Shop", sondern auch eine Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin. Ihr plötzlicher Tod schockierte die britische Öffentlichkeit. Ein Porträt der der Öko-Pionierin.

Anita Roddick war ihrer Zeit weit voraus. Als Henna, Bienenwachs und Salzzahnpasta noch für Bückware im Reformhaus standen, bot die Britin schon Naturkosmetik in duftenden, schicken Läden an und bereitete einem Boom den Weg, der heute Horden von Öko-Shoppern in die Geschäfte treibt: Kosmetik sollte nicht nur schön machen, sondern auch umweltfreundlich und ethisch korrekt sein, dachte sich Roddick und gründete die Kette The Body Shop. Am Montagabend starb Roddick mit 64 Jahren im Kreis ihrer Familie im südenglischen Chichester an einer Hirnblutung. Der britische Premierminister Gordon Brown nannte sie eine "wahre Pionierin".

"Ich war ein Außenseiter"

Die grüne Revolution begann vor mehr als 30 Jahren: Roddick eröffnete 1976 mit Hilfe eines Kredits über 6000 Euro im englischen Seebad Brighton ein Kosmetikgeschäft, das Produkte ohne chemische Inhaltsstoffe anbot. "Ich war ein natürlicher Außenseiter, und ich fühlte mich zu anderen Außenseitern und Rebellen hingezogen", sagte sie. Die feuchten Wände des Ladens strich die Frau mit dem lockigen Haar kurzerhand dunkelgrün - das künftige Kennzeichen ihrer Ladenkette, die in den 80er Jahren auch die Einkaufstraßen in Deutschland eroberte.

Alteingesessene Ökos waren begeistert; und nach und nach folgten auch jüngere Kunden, die sich in den trendigen Läden mit Gurkencreme, Erdbeerpeeling und Kakaobutter-Creme eindeckten und sich obendrein gut fühlten, weil sie Produkte ohne Tierversuche kauften. "Bevor es Body Shop gab, konnte man Produkte, die frei von diesen Grausamkeiten waren, nur in Hippie-Läden finden - nun sind sie überall", sagte der Vizepräsident der Tierschutzgruppe Peta, Dan Mathews.

Stets Distanz zur eigenen Branche

1984 ging Body Shop an die Londoner Börse und wurde mit acht Millionen Pfund bewertet - schnell stieg der Firmenwert auf 300 Millionen Pfund. Heute ist Body Shop eine weltweite Kette mit mehr als 2000 Läden in 54 Ländern; 2005 lag der Eigenumsatz bei 419 Millionen Pfund. Zu ihrer Branche hielt Roddick jedoch stets Distanz. "Ich hasse das Geschäft mit der Schönheit. Es ist eine Monster- Industrie, die unerreichbare Träume verkauft."

Auf Profit kam es ihr nie an. "Natürlich muss die Firma Geld machen, aber das größte Ziel ist es, für den Umweltschutz und den gesellschaftlichen Wandel zu arbeiten und für Menschenrechte einzustehen." Und so setzte sie sich mit provokanten Kampagnen gegen Gewalt und Kinderarbeit, Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen ein.

Verkauf an den Erzfeind

Umso tiefer saß der Schock für viele Ökoaktivisten, als Roddick und die übrigen Anteilseigener im vergangenen Jahr Body Shop für rund 950 Millionen Euro an "den Feind", den französischen Kosmetikkonzern L'Oréal, abgaben. Roddick und ihr Mann hatten zuletzt einen Anteil von 18 Prozent gehalten und waren nur noch als Berater tätig. Zwar wird Body Shop weiter unabhängig geführt. Doch der Kosmetikriese L'Oréal, der für Kritiker eng mit Tierversuchen in Verbindung steht, mag immer noch nicht zu dem reinen Image von Body Shop passen, das Roddick über die Jahre mit Herz und Seele aufgebaut hatte.

DPA
Annette Reuther/DPA