Bahn-Streiks Silvester im Oktober

Die Stimmung an den Bahnhöfen kippt langsam - und nicht zu Gunsten der Lokführer. Am dritten Bahn-Streiktag in zwei Wochen gewöhnen sich viele Reisende zwar an die Ausfälle, aber die, die auf die Züge angewiesen sind, reagieren zusehends genervt.

"Zug fällt heute aus" war am Donnerstag eine der häufigsten Anzeigen auf den Tafeln deutscher Bahnhöfe. Wer trotz der angekündigten bundesweiten Streiks im Regional- und S-Bahnverkehr auf die Bahn vertraut hatte, musste lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Viele Pendler äußerten zwar grundsätzlich ihr Verständnis für die Lokführer, ärgerten sich aber zunehmend über den Streik und seine Folgen.

"Die Streikdauer nervt langsam. Das beeinträchtigt einfach das Arbeitsleben und den Tagesablauf. Das ist langsam ziemlich hart an der Grenze für die Geduld der Pendler", sagte Hubert Mauxmüller am Münchener Hauptbahnhof. Angesichts des langen Lohnverzichts der Lokführer und hoher Unternehmensgewinne bei der Bahn zeigte er aber auch Verständnis. Andere wieder hielten die Lohnforderung der GDL für völlig unrealistisch.

Wissen erst kurz voher, welche Züge ausfallen

Am Frankfurter Hauptbahnhof war es am frühen Morgen zunächst ungewöhnlich ruhig geblieben, viele Pendlerzüge fuhren erst gar nicht. Von den Bahn-Beschäftigten war Flexibilität gefragt. "Wir wissen erst einige Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrt, ob ein Zug überhaupt fährt", sagte ein Service-Mitarbeiter. Auch am Berliner Hauptbahnhof war es zunächst eher leer. Offenbar hatten sich viele Menschen auf den Streik eingestellt.

"Klar ist das belastend, aber ich kann das mit dem Streik verstehen. Ich habe im Fernsehen gesehen, dass die Lokführer im Ausland mehr Geld kriegen", sagte eine 55-jährige Bahn-Reisende. "Einen Tag Streik, den nächsten Tag Ruhe, und dann wieder Streik. Dieses Rumgehample ist lästig, das geht einfach auf die Nerven", sagte eine andere Frau.

Stellenweise kam es zu heftigen Wortgefechten. "Das ist idiotisch, was ihr hier macht. Ich bin seit drei Uhr unterwegs", rief ein sichtlich aufgebrachter Bahn-Reisender in Frankfurt einem streikenden Lokführer zu. "Ihr seid ein Dienstleistungsunternehmen. Ich bezahle Geld, dass ihr mich von A nach B bringt. Ihr kommt nie auf einen grünen Zweig." Der Lokführer blieb gelassen. "Ich denke, dass die Mehrheit der Reisenden immer noch hinter uns steht und für uns Verständnis hat", sagte er. Die GDL habe mit ihrer Forderungen nach einem eigenständigen Tarifvertrag etwas angestoßen, was für die Tariflandschaft in Deutschland ganz allgemein wichtig sei.

Nutznießer des Bahn-Streiks war das Taxi-Gewerbe. "Es ist fast wie Silvester", sagte ein Berliner Taxifahrer. "Das Geschäft nehmen wir mit."

Reuters
Kerstin Schraff, Marie Christin Wiens/Reuters