Trotz Euro-Schuldenkrise und steigender Preise beschleunigt die deutsche Wirtschaft im Februar weiter ihr Tempo. Der Ifo-Geschäftsklima-Index erreichte überraschend den vierten Monat in Folge ein Rekordhoch. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer stieg zum neunten Mal hintereinander und kletterte auf 111,2 Punkte, wie das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Unternehmen mitteilte. "Der Aufschwung in Deutschland ist robust", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Allerdings spürt die Wirtschaft zunehmend steigende Kosten auf der Rohstoff- und Energieseite.
Die Manager schätzten ihre gegenwärtige Geschäftslage wieder besser ein, das Barometer stieg auf 114,7 von 112,8 Punkten. Die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate beurteilten sie ebenfalls positiv: "Die deutsche Wirtschaft ist in Topform", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger Reuters. "Stoppen kann sie eigentlich nur ein größerer Rückschlag im Ausland." Doch der sei momentan nicht in Sicht.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex
Der Ifo-Index wird jeden Monat vom Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo-Institut) in München erstellt. Er gilt als wichtiger Frühindikator für die Konjunkturentwicklung in Deutschland. Etwa 7.000 deutsche Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, der Bauwirtschaft und dem Groß- und Einzelhandel werden zur aktuellen Geschäftslage und zu ihren Geschäfterwartungen befragt. Die aktuelle Lage können die Firmen mit "gut", "befriedigend" oder "schlecht" bewerten, die Erwartungen mit "günstiger", "gleich bleibend" oder "ungünstiger". Aus den Angaben ermittelt das Institut den Geschäftsklimaindex und die Teilindikatoren zur aktuellen Lage und zur Einschätzung für die kommenden sechs Monate. Der Index wird seit 1972 regelmäßig veröffentlicht.
Bei der Industrie geht es weiter bergauf, die Firmen setzen auf anziehende Exporte und wollen ihr Personal laut Ifo verstärkt aufstocken. Als einziger Bereich kühlte sich die Stimmung im Einzelhandel etwas ab, die Großhändler und Baufirmen gaben sich wieder zuversichtlich.
Preissteigerungen als Wachstumsbremse
Als Damoklesschwert hängen aber immer mehr steigende Preise über dem Aufschwung. Die Industrie muss mit den starken Preissteigerungen zurechtkommen, bei den Dienstleistern war die Teuerung zuletzt im August 2008 höher. "Zunehmend gibt es die Gefahr, dass Unternehmen Preiserhöhungen auf der Rohstoffseite auf die Verbraucher überwälzen können", betonte Stefan Schilbe, Chefvolkswirt der Privatbank HSBC Trinkaus. Die Lage am Jobmarkt sei deutlich besser als in anderen Ländern der Euro-Zone. "Das heißt, in Deutschland könnten Zweitrundeneffekte entstehen."
Die meisten Experten trauen der heimischen Wirtschaft auch 2011 ein Boomjahr zu. Vor allem im ersten Quartal ist mit einem kräftigen Wachstum zu rechnen, wenn am Bau zumindest ein Teil der witterungsbedingten Ausfälle vom Jahresende 2010 wieder aufgeholt wird. Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit 2,3 Prozent Wachstum, Optimisten erwarten sogar drei Prozent. 2010 hatte es mit 3,6 Prozent den stärksten Zuwachs seit der Wiedervereinigung gegeben.