Der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Direktbank ING-Diba, Ben Tellings, kritisiert seine eigene Branche scharf. "Viele Banken haben aus der Krise nichts gelernt. Sie machen einfach weiter wie vor der Krise", sagte Tellings im Interview in der neuen Ausgabe des stern. So würden beispielsweise "schon wieder riskante Zertifikate als sichere Anleihe getarnt unters Sparvolk gebracht". Verantwortlich dafür seien Bankvorstände, die ihre „Berater, oder besser Verkäufer“ dazu zwängen. "Wir Banker müssen uns nicht wundern, wenn wir in Verruf geraten und die Kunden das Vertrauen verlieren", warnte der Vorstandschef. "Es empört mich, dass meine Kollegen nach dieser verheerenden Finanzkrise auf das kurze Gedächtnis der Kunden setzen", sagte Tellings dem stern und reagierte damit auf eine entsprechene Aussage von Deutsche Bank-Spitzenmanager Jürgen Fitschen. Auf die Frage, ob die von der Deutschen Bank angepeilte 25-Prozent-Rendite mit fairen Mitteln zu erzielen sei, antwortet der Chef der ING-Diba: "Nein, nicht nachhaltig."
Tellings fordert zudem mehr staatliche Kontrolle von Banken und deren Angebote für private Kunden: "Sollte sich herausstellen, dass die Finanzbranche nicht in der Lage ist, die grundlegenden Fehlanreize in der Beratung zu beseitigen, dann ist der Gesetzgeber gefordert. Dann muss die Politik dafür sorgen, dass die Bevölkerung mit günstigen, transparenten Basisprodukten versorgt wird." Mit knapp sieben Millionen Kunden ist die ING-Diba die größte Direktbank Europas. Sie gehört zum niederländischen Finanzkonzern ING, der, nach Erhalt staatlicher Finanzhilfen, auf Druck der EU-Kommission sein Bank- und Versicherungsgeschäft voneinander trennen will.