Krankenhaus-Studie "Existenzvernichtende Situation"

Von Marcus Müller
Den Deutschen Krankenhäusern stehen schwierige Jahre bevor. Laut einer Studie der Klinikbetrieber, die jetzt vorgestellt wurde, drohen ihnen Milliardenlöcher. Schuld daran sei die Politik und die Leidtragenden würden die Patienten sein, heißt es dramatisch.

Es sind dramatische Aussagen, mit denen der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, die Lage der deutschen Kliniken beschreibt: "Wir müssen davon ausgehen, dass weitere Krankenhäuser schließen müssen." Diese Konsequenz zieht der DKG aus einem Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforderung, (RWI) das jetzt in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach könnte den Kliniken im Jahr 2008 ein Finanzloch von bis zu 2,2 Milliarden Euro entstehen, wenn die Gewerkschaften sich mit ihren Forderungen von acht bis zehn Prozent mehr Lohn für Ärzte und das andere Personal durchsetzen würden.

Defizit entspreche 40.000 Ärzte-Stellen

Die Prognosen für das laufende und auch das kommende Jahr trügen existenzvernichtende Züge, sagte Baum. Auch wenn sich bei den Tarifverhandlungen die Klinikträger, also die Arbeitgeber, durchsetzen würden, klaffe laut Gutachten immer noch ein Finanzloch von 1,3 Milliarden Euro in den Haushaltsplänen der Krankenhäuser. Dieses Defizit entspreche den Ausgaben für 40.000 Ärzte oder 66.000 Pflegekräfte.

Die höheren Kosten entstehen den Krankenhäusern vor allem durch die stark steigenden Ausgaben für Strom, Heizung und Lebensmittel. "Die Kosten explodieren", sagte Joachim Müller von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhand, die die Untersuchung mit erstellt hat.

Die Erlöse der Kliniken liegen laut RWI in diesem Jahr unter den Mehrausgaben für die Sachkosten. Den Schuldigen dafür hat die DKG längst ausgemacht: "Die Politik versucht zu verharmlosen", sagte Baum. Er könne es schon nicht mehr hören, dass die Politik fordere, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Dies sei in den insgesamt 2104 deutschen Krankenhäusern vielfach nicht mehr möglich. Die Behauptung der Bundesregierung sei falsch, die Finanznöte kämen durch Überkapazitäten zustande.

Aufgrund gesetzlicher Vorgaben dürfen die Preise der Kliniken in diesem Jahr nur um 0,64 Prozent steigen. Zudem müssen die Krankenhäuser eine so genannte Sanierungsabgabe an die Krankenkassen zahlen. Insgesamt mache diese Abgabe 300 Millionen Euro aus, die nicht für Personalausgaben zur Verfügung stünden, so Baum.

Die Forderung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) nach höheren Löhnen für Schwestern und Pfleger sei völlig unverständlich, so Baum. Es bedürfe dagegen eines Nothilfeprogramms, um die Kliniken vor dem Kollaps zu bewahren. Dem schloss sich auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund an.

Pro Jahr müssten 20 bis 30 Kliniken schließen

Doch was bedeutet das alles nun genau für Patienten? DKG-Hauptgeschäftsführer Baum: Pro Jahr müssten schon jetzt 20 bis 30 Häuser schließen oder an private Träger verkauft werden. Er gehe davon aus, dass die Quote in diesem und dem kommenden Jahr noch höher sein werde. "Natürlich spürt der Patient schon jetzt die Mehrbelastung. Die Ruhe für das Gespräch am Bett verliert sich. Viele fühlen sich auch nicht mehr wohl." Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, sieht die bisher gewohnte flächendeckende Krankenhaus-Versorgung massiv in Gefahr.

Das Bundesgesundheitsministerium wollte die Studie zunächst einmal genau unter die Lupe nehmen und sich daher nicht äußern. Die Vorgaben der Gesundheitsreform seien ohnehin klar und auch der Sanierungsbeitrag stehe nicht zur Debatte, sagte ein Ministeriums-Sprecher.