Postdienste Bringen statt Holen

Faulheit und verstopfte Innenstädte bescheren der Branche der Kurierdienste ein boomendes Geschäft. Besonders das Fahrrad liegt als Lieferfahrzeug voll im Trend. Doch einfach nur 'vorbeibringen' reicht nicht mehr.

Das Angebot klingt verlockend: "Wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen mit den roten Rosen zum Hochzeitstag auch gleich die frischen Brötchen und einen Piccolo mit." Für Zustell- und Bringdienste ist solch Einfallsreichtum allerdings zunehmend eine Existenzfrage: Wer im umkämpften Markt der Lieferanten überleben will, muss mit Ideen aufwarten. Das erlebt Christian Wenk immer wieder. Der Mainzer Florist hat inzwischen weit mehr zu tun, als Schnittblumen zu Sträußen zu binden und Grabschmuck herzurichten. Als Teil des Fleurop-Netzes bringt er Blumen und mehr direkt ins Haus.

Profitieren von eingeschränkter Lagerhaltung

Und der zusätzliche Service lohnt sich: Die gesamte Kurier- und Lieferbranche ist in Bewegung - entgegen der Konjunkturschwäche - mit hohen Wachstumsraten. "Es gibt eine überproportionale Steigerung des Bedarfs", bestätigt Ralf Wojtek, Vorsitzender des Bundesverbands Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK). Gründe für die Steigerung von fünf bis zehn Prozent lägen vor allem in der massiv eingeschränkten Lagerhaltung der Unternehmen.

Das bestätigt auch eine Studie, die das Institut für Verkehrswissenschaft (IfV) an der Uni Köln im Auftrag des BIEK verfasst hat. Die KEP-Branche (Kurier-Express-Paket) weise ein überdurchschnittliches Wachstum der Wirtschaftsleistung auf. Dabei komme aber auch dem Verbund mit logistischen Leistungen wachsende Bedeutung zu, sagt Wojtek. "Wenn ein Unternehmen PCs geliefert bekommt, will es sie auch gleich angeschlossen haben."

Paketdienste sind die großen Gewinner

Die größten Zuwächse lägen aber im Privatpaketgeschäft: "Die Paketdienste sind die Gewinner der Konjunkturflaute." Gerade kleinere Unternehmen könnten mit dem Einsatz von Paketdiensten ihren Kundenstamm vergrößern, sagt der Verbandschef. Das starke Wachstum im Paketmarkt hänge auch mit dem Aufstieg von Internet-Auktionshäusern zusammen. An der Spitze der Paketdienste steht die Hermes Logistik-Gruppe. "Wir wachsen fünf Mal schneller als der Markt", sagt Hanjo Schneider, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Hamburger Unternehmens. Marktanteile würden überwiegend dem früheren Monopolisten Deutsche Post/DHL abgenommen.

Besonders beliebt unter Studenten sind indes Bringdienste, die noch nachts liefern - etwa wenn bei einer WG-Party das Bier ausgeht. In allen größeren Städten schießen Lieferdienste wie die "Party-Retter" im Großraum Hamburg zur Zeit aus dem Boden. "Wenn man mit Freunden zusammensitzt und etwas getrunken hat, muss man nicht mehr mit dem Wagen los", erklärt Ingrid Szigahn ihre Geschäftsidee. Ihre Firma bringt zwischen 20.00 Uhr abends und 3.00 Uhr nachts weit mehr als einen Kasten Bier: Im Sortiment finden sich inzwischen auch warme Speisen, Eis, Brettspiele oder Wodka in der Tube. Die Kunden seien bereit, höhere Preise zu zahlen - besonders in ländlichen Gebieten.

Fahrradkuriere voll im Trend

Auch das Fahrrad als Lieferfahrzeug liegt insbesondere in meist verstopften Innenstädten im Trend. Lag die Branche der Fahrradkuriere noch vor kurzem am Boden, geht es nun wieder aufwärts, sagt Gerlinde Althoff, Sprecherin des Bundesverbands der 120 Fahrradkurierdienste (bdf). Dabei profitieren die Biker auch von der aktuellen Feinstaub-Diskussion. "Wir erzeugen keine Emissionen", sagt Althoff. Zunehmend seien dabei so genannte "In-house-Dienste" gefragt: Das Leeren des Postfachs gehört schon lange zum Standardrepertoire der mehr als 2000 Kurierfahrer.

Als Lieferant eines großen Mainzer Hotels hat für den Floristen Wenk Zuverlässigkeit oberste Priorität. "Wenn sich der Präsident vom Jemen ankündigt, rufen die nachts um zwölf an. Da darf nichts schief gehen." Sein Handy schaltet Wenk deshalb nie aus. Ständige Erreichbarkeit müsse auch außerhalb der Geschäftszeiten selbstverständlich sein, sagt er.

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Christoph Scheld/DPA