Für den aktuellen Preisanstieg für Kraftstoff sind Finanzmarktjongleure wesentlich mitverantwortlich. Das geht aus einer Untersuchung der Analyse- und Beratungsgesellschaft Energy Comment hervor, die die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben hatte.
Derzeit würden an den Finanzmärkten die Wetten auf steigende statt auf fallende Ölpreise deutlich dominieren, stellt der Autor der Studie, Steffen Bukold, fest. Im Moment werde "mit umgerechnet mindestens 34,6 Milliarden Dollar auf steigende Preise gewettet", schreibt der Ölexperte. Tatsächlich falle diese Summe aber noch höher aus, wenn für alle großen Ölkontrakte Daten öffentlich zugänglich wären. Dadurch würden die Rohölpreise derzeit um insgesamt 30 Dollar auf je 85 Dollar je Barrel zusätzlich in die Höhe getrieben - also um mehr als ein Drittel.
Diese Spekulationen bekämen die Autofahrer schmerzhaft zu spüren: "Die Rohöl- und damit die Benzin- und Dieselpreise werden dadurch im Schnitt um 0,14 Euro je Litern noch oben verzerrt. Deutsche Autofahrer werden dadurch bei einer Tankfüllung (50 Liter) mit sieben Euro zusätzlich belastet." Bei einer durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung von 13.000 Kilometern und bei 7,5 Liter Verbrauch koste die Spekulation einen Fahrzeughalter pro Jahr 136 Euro zusätzlich. Nach Rechnung von Energy Comment ergeben sich dadurch für alle Privathaushalte in Deutschland Mehrkosten fünf Milliarden Euro pro Jahr, für den weltweiten Straßenverkehr sogar von 267 Milliarden Euro.
Spekulationen können Preise auch drücken
Zusätzlich zu den Spekulationen kommen noch weitere Faktoren dazu, die den Preis treiben können. Neben dem steigenden Bedarf während des Oster-Reiseverkehrs galt beispielsweise zuletzt der große Bedarf an Benzin in den USA als Preistreiber auf den weltweiten Kraftstoffmärkten. Aber auch die marktbeherrschende Stellung der wenigen weltweiten Ölkonzerne oder die Ökosteuer wird immer wieder als Grund für hohe Kraftstoffpreise genannt.
Beim Spekulieren auf den Ölpreis kaufen Finanzinvestoren wie Banken oder Hedgefonds Optionen auf Öllieferungen zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimmten Preis. Unternehmen, die in den physischen, also echten Handel involviert sind, tun das meist, um sich vor einem Preisanstieg oder -verfall ihrer Ware in der Zukunft abzusichern. Reine Finanzakteure wie beispielsweise Hedgefonds haben dagegen nichts mit dem echten Handel zu tun. In der Hoffnung auf eine steigende Nachfrage nach Öl sichern sie sich Öl-Optionen und wetten dabei gewissermaßen auf steigende Preise. Damit heizen sie die Aufwärtsspirale beim Ölpreis weiter an.
Derzeit wird vor allem auf steigende Preise gewettet, weil die meisten Akteure auf dem Ölmarkt von einer demnächst wieder anziehenden Konjunktur der Weltwirtschaft ausgehen. In Zeiten des Aufschwungs steigt auch der Energiebedarf. Allerdings funktioniert die Spekulationsspirale auch andersherum: Nach den Rekordpreisen im Sommer 2008 und zum Beginn der Wirtschaftskrise wetteten Spekulanten auf fallenden Preise - drückten den Ölpreis auf unter 40 Dollar und zum Teil sogar unter die Förderkosten.