US-Medienberichte Russische Atomwaffen im Weltall: Was wir wissen und was nicht

Russlands Präsident Wladimir Putin
Will Russland nukleare Anti-Satelliten-Waffen im All stationieren? Der Kreml widerspricht derartigen Berichten.
© Alexei Maishev / POOL / TASS / / Action Press
In den USA sorgen Spekulationen über mögliche Atompläne Russlands im Weltall für Besorgnis. Der Kreml sieht in den Berichten eine gezielte Kampagne des Weißen Hauses. Eine Übersicht über die spärlichen Erkenntnisse.

Warum spekulieren die USA über russische Atomwaffen im Weltall?

US-Medien hatten berichtet, dass Geheimdienste Informationen über neue nukleare Ambitionen Russlands im Weltall zusammengetragen haben sollen. Dabei soll es um russische nukleare Fähigkeiten gehen, die sich gegen Satelliten im All richten und so eine Bedrohung für die nationale wie die internationale Sicherheit darstellen könnten. Es war allerdings zunächst unklar, warum Russland eine Atomwaffe benötigen sollte, um einen Satelliten zu zerstören.

Die "New York Times" schrieb, die USA hätten den Kongress und Verbündete in Europa über die Pläne Moskaus informiert. Solche neuen nuklearen Fähigkeiten Russlands seien noch in der Entwicklung und bislang nicht zum Einsatz gekommen. Eine akute Gefahr bestehe daher nicht. Fox News berichtete, mit einem Einsatz nuklearer Systeme gegen Satelliten ließe sich möglicherweise militärische Kommunikation und Aufklärung der USA ausschalten. Es gab zunächst keinerlei offizielle Bestätigung für die Berichte.

Was ist dran an den Gerüchten?

Das lässt sich nur schwer einschätzen. Losgetreten hatte die Welle Mike Turner, der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus. Er veröffentlichte am Mittwoch eine ungewöhnliche Stellungnahme und teilte mit, sein Ausschuss habe allen Mitgliedern des Kongresses "Informationen über eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit zur Verfügung gestellt". Er fordere US-Präsident Joe Biden auf, alle Informationen zu dieser Bedrohung freizugeben, damit der Kongress, die Regierung und die Verbündeten offen über Gegenmaßnahmen diskutieren könnten, schrieb er weiter.

Der Republikaner führte nicht aus, um welche Art von Bedrohung es sich handele, und bereitete mit der kryptischen Nachricht den Boden für allerlei Spekulationen. Die Medienberichte zu Russland folgten kurze Zeit später. 

Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan machte ebenfalls keine weitergehenden Angaben, kündigte allerdings noch für Donnerstag ein Treffen mit führenden Kongressmitgliedern an. Nach dem Treffen soll über die weiteren Schritte beraten werden.

Wie äußert sich Russland dazu?

Der Kreml hat die Berichte über mutmaßliche russische Atompläne im All als "Trick" der Führung im Weißen Haus zurückgewiesen. "Es ist offensichtlich, dass das Weiße Haus mit allen Tricks und Raffinessen versucht, den Kongress zur Abstimmung über das Gesetz zur Bereitstellung von Geld [für die Ukraine] zu bewegen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Es bleibe abzuwarten, was der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, bei einem angekündigten Briefing vorzuweisen habe, fügte Peskow hinzu.

Bei dem von Peskow angesprochenen Geld handelt es sich um Waffenhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine. Nach einem monatelangen Streit zwischen Demokraten und Republikanern hat der US-Senat vor wenigen Tagen die Freigabe der Mittel bewilligt. Allerdings muss noch das Repräsentantenhaus zustimmen, wo die Republikaner über eine knappe Mehrheit verfügen. Abgeordnete vom rechten Rand der Partei stemmen sich gegen weitere US-Hilfen für die Ukraine. 

"Wir werden langsam aufgefressen" – Mychajlo Podoljak über die Kriegsdauer und Russland als Gegner
"Wir werden langsam aufgefressen" – Mychajlo Podoljak über die Kriegsdauer und Russland als Gegner
© stern.de
"Wir werden langsam aufgefressen" – Mychajlo Podoljak über die Kriegsdauer und Russland als Gegner

Was sagt die Bundesregierung?

Verteidigungsminister Boris Pistorius liegen bislang keine Erkenntnisse darüber vor, dass Russland möglicherweise atomare Anti-Satelliten-Waffen im Weltraum stationieren will. "Diese Meldungen sind meines Wissens sehr, sehr neu, jedenfalls für mich", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Man werde sich darüber mit den Partnern unterhalten.

Pistorius warnte davor, übereilte Antworten zu geben oder zu glauben, welche zu haben. "Das müssen wir abwägen. Wir müssen die technischen Fragen klären, und dann sehen, was daraus folgert", sagte der Minister.

Wie schützt die Nato ihre Satelliten?

Um auf Angriffe auf Satelliten besser reagieren zu können, hatte die Nato bereits 2021 beschlossen, dass Attacken aus oder im Weltraum künftig nach Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können – also so wie zuvor Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum.

Begründet wurde der Schritt unter anderem damit, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten zum Beispiel die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Handynetze oder Navigationssysteme für den Straßen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden.

DPA · AFP · Reuters
mkb