Verbotener Telefonterror Wie Werbeanrufe in den Wahnsinn treiben

Seit Wochen ruft die Werbe-Mafia jeden Tag an. Die Gesetze gegen solche Reklame-Anrufe sind zwar verschärft worden. Doch man fühlt sich machtlos. Zeit für einen Rückruf.

Das Telefon klingelt, schon wieder. Es ist heute der vierte Anruf, gestern waren es insgesamt zehn. Der Rekord war vor zwei Wochen - da vibrierte das Smartphone fast 20-mal. Einmal habe ich den Hörer abgenommen. Eine junge Frau am anderen Ende der Leitung überschlug sich vor Freude mir mitteilen zu können, dass ich bei einem Gewinnspiel unter die letzten Teilnehmer gekommen sei. Fantastisch, großartig, sensationell!

Aber Moment mal, was für ein Gewinnspiel? Ich habe in meiner übersichtlichen Lebenszeit bisher noch nie tolle Sachen gewonnen. Nicht im Lotto, nicht auf der Kirmes. Dass ich nichts gewinne, kann sehr gut daran liegen, dass ich nirgendwo mitspiele. Und sicherlich nicht bei einem Online-Preisausschreiben. Aber woher haben die dann meine Nummer? Und wer sind die?

Illegal? Egal!

Seit 2013 sind die Gesetze, die Bürger vor nervigem Telefonterror bewahren sollen, verschärft worden. Wer ungefragt am Telefon Lotterielose oder Abos verkauft, macht sich unter Umständen strafbar und riskiert Bußgelder bis zu 300.000 Euro. Abgeschreckt hat das die Branche aber nicht. Die Zahlen vor der Gesetzesänderung lagen bei rund 300 Millionen Werbeanrufen im Jahr. "Es sind inzwischen nicht mehr diese Massen. Aber immer noch viel zu viele Anrufe - das ist immerhin verboten", sagt Gabriele Emmrich vom Verbraucherschutz in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit anderen Verbraucherschutzzentralen hat sie zu einer bundesweiten Umfrage aufgerufen, um das Ausmaß des Telefonterrors zu sichten. In einem Online-Formular können Betroffene ihre Erfahrungen mit den lästigen Werbeanrufen schildern.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Mir reichen schon die zehn Anrufe von gestern. Inzwischen habe ich die Nummern blockiert - dennoch werde ich per SMS darauf aufmerksam gemacht, dass diese Anrufe zwar nicht mehr hörbar sind, aber weiterhin auf mich eintelefoniert wird. Selbst jetzt, in diesem Moment, versuchen sie es wieder. Das Display wird hell, dann vibriert es. Eine SMS. Die Nummer kenne ich inzwischen auswendig.

Woher der Laden meine Nummer hat, ist ungewiss. Laut Verbraucherschützern zirkulieren die Nummern im Netz zwischen verschiedenen Firmen. Dafür muss man nicht einmal an einem Gewinnspiel teilnehmen. In undurchdringlichen Kanälen versickern Nummern im Internet und landen bei dubiosen Anbietern.

Im Netz bekommt man zu meiner Terror-Telefonnummer keine eindeutigen Informationen. Zwar sind die einschlägigen Foren voll mit Beschwerden von ganz ähnlichen Fällen - wer aber wirklich dahintersteckt, ist unklar. Da die Anrufe illegal sind, kann vielleicht die Polizei helfen. Doch die rät nur, den Hörer aufzulegen.

Es ist Zeit für einen Rückruf - doch statt ein endloses Klingeln zu kassieren, heißt es: Kein Anschluss unter dieser Nummer. Dabei weiß ich sehr genau, dass diese Nummer einen Anschluss hat. Leider.

Offiziell beschweren

Offensichtlich kein Einzelfall. Rückrufe sind nicht gewollt, häufig wird auch die Rufnummer unterdrückt. In beiden Fällen ist die Masche illegal. Bei der Bundesnetzagentur können Telefonterrorisierte Beschwerde einlegen. Auch die Verbraucherschutzzentralen bieten Hilfe. Wer einfach keinen Bock mehr auf Anrufe hat, kann Nummern auch beim Provider sperren lassen - damit legt man den lästigen Anrufern zwar nicht das Handwerk, hat aber erstmal Ruhe.

So schützen Sie sich

Wer mit Anrufen bombardiert wird, sollte sich an den Leitfaden der Polizei halten:

1. Datum, Uhrzeit und Grund des Anrufers samt Unternehmen und Rufnummer notieren. Mit diesem Daten sollten sich Betroffene an eine Verbraucherschutzorganisation wenden - denn die kennen sich (leider) inzwischen sehr gut aus.

2. Achtung: Wer sich telefonisch einen Vertrag aufschwatzen lässt, sollte sich juristisch beraten lassen, denn solche Verträge sind gültig.

3. Nur so wenig Daten herausgeben, wie nötig. Wer seine Mail-Adresse in zahllosen Newslettern und Gewinnspielen einträgt, hat schnell ein übervolles Postfach.

4. Niemals die Kontoverbindung rausrücken!

5. Wer der Nutzung der Telefonnummer für Werbezwecke zugestimmt hat, kann dies jederzeit widerrufen. Das geht auch telefonisch.

Einfach mal Frank fragen

Ich werde Beschwerde einlegen. Und sollte ich in der Zukunft irgendwo im Netz meine Nummer angeben müssen, werde ich Frank um Hilfe bitten. Unter "Frank geht ran" bekommt man eine Telefonnummer, die man locker in alle Telefonfelder eintragen kann, von deren Betreiber man sicherlich niemals angerufen werden will. Ruft dann jemand an, macht Frank am anderen Ende kurzen Prozess. "Alle Anrufer werden konsequent abgewimmelt", heißt es auf der Homepage.

Das wünsche ich mir auch. Oh, es klingelt schon wieder.