Amerikanische Urteile treten oft in Verbindung mit Schadensersatzsummen auf, die uns den Atem stocken lassen. Als Reaktion bietet sich irgendetwas zwischen Kopfschütteln und Gelächter an. Wie im Fall des Anwalts Philip Shafer beispielsweise, der auf einem Flug neben einem "ungeheuer dicken" Passagier Platz nehmen musste. "Er und ich waren bildlich für zwei Stunden von der Kniescheibe bis zur Schulter verheiratet." Das habe bei ihm "Scham, starke Unbequemlichkeit, Anspannung und schweres emotionales Unbehagen" ausgelöst, und dieser Zustand könnte sich nur gegen Zahlung von 9.500 Dollar durch die Fluggesellschaft 'Delta Airlines' wieder bessern.
Das deutsche Rechtssystem ist da deutlich zurückhaltender. Träte man mit ähnlichen Ansinnen vor einen deutschen Richter, würde er höchstwahrscheinlich nur milde lächeln. Das ist vielleicht auch besser so - für den Unterhaltungsfaktor hält man sich einfach an die Vielzahl amerikanischer Urteile.
Vampirische Nahrungsergänzung im Knast
Im Gefängnis von Utah verklagte der Häftling Robert Paul Rice die zuständige Gefängnisbehörde, weil er keine Möglichkeit habe, seine Religion auszuüben. Rice ist "druidischer Vampir" und benötigt daher für ein religiöses Leben seiner Meinung nach Sex mit einer "Vampirin" sowie die Berücksichtigung seiner "vampirische Ernährunsgbedürfnisse" (genau, er wollte Blut). Pech für Rice: In den Gefängnisakten war er seit seiner Einlieferung im Jahr 2000 als Katholik registriert, und ein Gefängnissprecher stelle klar, dass in Utah an Sex im Gefängnis sowieso nicht zu denken sei.
Nicht genug Gesundheitszwang
Ann McCormick wollte nicht vorsorgen, sondern klagte lieber hinterher. Die fettleibige Raucherin aus Pennsylvania, die unter hohem Blutdruck, hohem Cholesterinspiegel und einer familiären Neigung zu Herzproblemen litt, hörte nicht auf den Rat ihrer Ärzte (die klassischen Empfehlungen: weniger essen, mehr Bewegung, keine Zigaretten). Sie bekam einen Herzinfarkt und verklagte daraufhin die acht Mediziner ihres staatlichen Gesundheitszentrums sowie die US-Regierung als deren Arbeitgeber. Sie hätten sich nicht genug Mühe gegeben, sie davon zu überzeugen, dass sie mehr für ihre Gesundheit tun muss. Nun sei sie "herzbehindert" und das müsse schon mindestens eine Million Dollar wert sein.
Klagen ohne Beschwerden
Das weite Feld der Medizin ist ohnehin ein beliebtes Betätigungsfeld von Klägern. Hazel Norton las in der Zeitung von einer Klage gegen das Medikament 'Propulsit', das ihr Arzt ihr verordnet hatte. Sie hatte zwar keine Probleme mit der Arznei, schloß sich der Klage aber dennoch an, weil sie sich finanziell erfolgversprechend anhörte. Als ihr Arzt die Klageschrift bekam, schloß er seine Praxis, in der er vorzugsweise die ärmere Bwevölkerung behandelt hatte, ließ sich von seiner Frau - ebenfalls Ärztin - scheiden und beide verließen das Städtchen. Die Ärztequote im Ort sank durch Mrs. Nortons leichtfertige Klage um 50 Prozent.
Jugendliche Songwriter-Genies
Auch die lieben Verwandten sind eine ständige Bereicherung der Klagelandschaft. So wurde der Soulsänger James Brown von seinen Töchtern Deanna und Yamma verklagt, weil er etwas gegen sie habe. Er habe "der Presse geschworen, dass seine Töchter keinen Cent von ihm erhalten werden". Das konnten sie nicht auf sich sitzen lassen und forderten vor Gericht mehr als eine Millionen Dollar von ihm. Begründung: auch sie hätten Urheberrechte an 25 seiner Songs, die sie mitgeholfen hätten zu schreiben. Was ihre Darstellung ein wenig unglaubwürdig machte, war die Tatsache, dass die Songs aus einer Zeit stammten, als die beiden noch Kinder waren. Vielleicht singt James Brown angesichts dieser Familienliebe demnächst doch lieber den Blues.
Entspannter in die Not-OP
Und dann waren da noch die Bird-Schwestern. Sie hatten ihre Mutter zu einem kleineren Eingriff ins Krankenhaus begleitet, bei dem aber etwas schiefging. Die Ärzte transportierten die Patientin schnellen Schrittes in die Notaufnahme - Grund genug für die Schwestern, Ärzte und Krankenhaus zu verklagen. Nicht deswegen, weil ihre Mutter falsch behandelt worden wäre. Nein, sie klagten, weil die Ärzte die Schwestern "fahrlässig emotionalem Stress" ausgesetzt hätten, als sie herbeigelaufen kamen, um ihre Mutter zu versorgen. Der Fall ging bis vor dem Obersten Gerichtshof Kaliforniens, der dann doch gegen die Frauen entschied.