Editorial Dieser Freiherr ist wirklich ein freier Herr

Liebe Leserin, lieber Leser,

Guttenberg ist kein Obama, aber der Effekt ist durchaus vergleichbar: Da tritt eine junge, unverbrauchte Figur auf die politische Bühne, gibt sich aufrichtig und unbequem, zeigt Selbstbewusstsein und Manieren, trägt gut geschnittene Anzüge und sagt ein paar ganz vernünftige Sachen - und schon sehen die Platzhirsche auf der Lichtung zwischen Bundestag und Kanzleramt verdammt alt aus. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg ist der neue Shootingstar der Berliner Republik. In Rekordzeit ist er zum populärsten Politiker nach Angela Merkel geworden. Was sagt das über ihn, und was sagt das über unser Land?

Die Menschen halten ihm zugute, dass er noch nicht Teil des ritualisierten Politikbetriebes ist. Sie finden es auch nicht suspekt, dass ein reicher Landadliger aus Oberfranken jetzt Wirtschaftspolitik macht, im Gegenteil: Es erscheint ihnen durchaus als reizvoll, dass Guttenberg ökonomisch unabhängig und nicht angewiesen ist auf Listenplatz und Ministergehalt. Dieser Freiherr ist offensichtlich wirklich ein freier Herr.

stern-Reporter Axel Vornbäumen hat Guttenberg seit dessen Vereidigung als Wirtschaftsminister häufig begleitet, beobachtet und gesprochen. In seiner Titelgeschichte beschreibt er den Baron (als höfliche Anrede eines Freiherrn durchaus gebräuchlich, obwohl der Adel seit 1919 in Deutschland abgeschafft ist) als "Überflieger", der schon als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt wird.

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Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn

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