Ich versichere - das heißt auf gut Deutsch: Ich sage die Wahrheit. Doch bei der Rentenversicherung ist schon der Begriff eine Täuschung. Viele haben geglaubt, sie zahlen dort Geld ein, das angelegt wird und ihnen im Alter zugute kommt. Tatsächlich aber werden die Beiträge sogleich an die Rentner von heute ausgezahlt - und weil das Geld nicht reicht, kommen noch Steuermittel oben drauf, fast 80 Milliarden Euro, ein Drittel des gesamtes Bundeshaushaltes.
Dass diese Rechnung irgendwann nicht mehr aufgeht, wenn die Zahl der Söhne und Töchter abnimmt, wenn immer weniger Menschen arbeiten und Sozialbeiträge bezahlen, wenn die Wirtschaft kaum wächst, wenn die Alten immer mehr werden und immer älter, das war klar.
Schon Wilfrid Schreiber vom Bund Katholischer Unternehmer, der in den 50er Jahren den "Generationenvertrag" erfand, schlug vor, dass Unverheiratete und Kinderlose doppelten Beitrag zur Rentenversicherung bezahlen. Adenauer lehnte dies ab mit den Worten: "Kinder kriegen die Leute sowieso". Ein Irrtum, wie sich heute zeigt.
Niemand muss sich dafür rechtfertigen, keine Kinder zu wollen oder zu haben. Ich hoffe, er weiß, was ihm an Glück und Anregung entgeht (und nicht nur, was ihm an Stress und Sorgen erspart bleibt). Aber genauso wenig kann jemand erwarten, dass die Kinder anderer Leute später voll und ganz für seine Rente aufkommen. Denn wie oben gesagt: Die Beiträge, die er heute bezahlt, fließen nicht in seine eigene Altersvorsorge - er bezahlt sie für die Rentner von heute. Wer aber soll morgen für ihn zahlen?
Laut einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag des stern fänden es zwar 68 Prozent der Bundesbürger "sehr schlimm", wenn die Deutschen aussterben würden. Bei den unter 30-Jährigen allerdings sind es nur 58 Prozent. Und 17 Prozent der Befragten mit Abitur und Studium sagen sogar, sie hätten überhaupt kein Problem damit, wenn die Deutschen ganz verschwinden.
Eine Gesellschaft, in der so vielen Jungen und Höhergebildeten die eigene Zukunft gleichgültig ist, kann auf Dauer nicht funktionieren.
Beim diesjährigen Lead-Award,
einem Preis für die besten Print- und Onlinemedien, sind der stern und VIEW, unser neues Magazin mit den Bildern des Monats, mit zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen für Fotos, Beiträge und Reportagen geehrt worden. Am meisten freut uns: NEON, unser junges Magazin aus München, erhielt die Goldmedaille als "Leadmagazin des Jahres".
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn